1.1 Ursprung: Stockwerkseigentum

Die Geschichte des Wohnungseigentums geht bis zur Rechtsprechung Justinians im alten Rom zurück, wobei das klassische römische Recht das Eigentum an einem Gebäudeteil nicht kannte. Das deutsche Recht hingegen hatte diese Art der Eigentumsbildung bereits sehr früh in Form des so genannten "Stockwerkseigentums" anerkannt. Hier war man sogar noch weit großzügiger als heute, da es im in Süddeutschland verbreiteten "Herbergsrecht" gar möglich war, nicht nur an Räumen innerhalb eines Hauses Sondereigentum zu begründen, man konnte auch Sondereigentum in der Weise begründen, dass die Räume von dem einen Haus in das unmittelbar angrenzende Nachbarhaus übergreifen konnten.

1.2 Neuere Tendenzen

Ende des 19. Jahrhunderts, im Rahmen der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wandte man sich vom Stockwerkseigentum wegen seiner Unzulänglichkeiten wieder ab. Die mangelhafte Abgrenzung der Räume und die damit verbundenen Unsicherheiten hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse führten dazu, den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für das so genannte uneigentliche Stockwerkseigentum zu verleihen.

 
Hinweis

Stockwerkseigentum nur selten

Hiervon wurde nur vom Land Baden-Württemberg Gebrauch gemacht, wo das Stockwerkseigentum sogar noch heute, insbesondere in Württemberg, verhältnismäßig häufig anzutreffen ist – begründet werden kann es natürlich nicht mehr. Ansonsten behalf man sich in den einzelnen Ländern auf Grundlage des Art. 131 EGBGB mit Konstruktionen wie dem unechten Stockwerkseigentum oder dem Erbbaurecht.

1.3 Wohnungsnot macht erfinderisch

Die beiden Weltkriege gingen auch nicht spurlos an der Diskussion über ein einheitliches Wohnungseigentumsrecht vorbei. Die erhebliche Wohnungsnot, insbesondere infolge des Zweiten Weltkriegs, führte zu mehreren Gesetzesinitiativen, die jedoch noch an verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten scheiterten. Nachdem es am 24.5.1949 gelungen war, die Bundesrepublik Deutschland ins Leben zu rufen, war der Weg für die CDU/CSU-Koalition frei, eine neue Initiative in Richtung eines Gesetzes "über das Eigentum nach Bruchteilen" zu starten. Zusammen mit einem Gesetzentwurf der FDP hinsichtlich eines "Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen" kam es freilich nach zahlreichen Änderungen der Entwürfe am 15.3.1951 zu dem heutigen Wohnungseigentumsgesetz, das am 20.3.1951 in Kraft getreten ist. Das Ziel der Wohnraumschaffung nach der Not anlässlich des Zweiten Weltkriegs und der Förderung der Eigentumsbildung wurde trotz heftiger Schelte einiger Rechtsgelehrter (u. a. "Missgriff des Gesetzgebers", "gegenstandslos, widersprüchlich, inhaltsleer") erreicht.

1.4 Größere Reformen blieben lange Zeit aus

Im Jahr 1973 hatte das Wohnungseigentumsgesetz erste Änderungen erfahren. Bedeutendste war, dass auch an Stellplätzen in Tiefgaragen Sondereigentum begründet werden konnte. Das Bundesland Bayern hatte dann im Jahr 1977 zwar für eine lebhafte Diskussion um eine Novellierung des Wohnungseigentumsrechts gesorgt, blieb letztlich jedoch erfolglos. Die Bestrebungen gingen dahin, die maximale Größe einer Eigentümergemeinschaft auf 100 Mitglieder zu beschränken, die Abänderung von Vereinbarungen durch Aufgabe des Allstimmigkeitsprinzips zu erleichtern und die Zustimmung der dinglich Berechtigten zu Vereinbarungen der Gemeinschaft entbehrlich zu machen.

1.5 WEG-Reform 2007 und 2020

Infolge der Entscheidung des BGH zur Nichtigkeit sog. "Zitterbeschlüsse"[1] wurde Reformbedarf laut, der in einer ersten Gesetzesinitiative 2004 mündete. Dieser erste Regierungsentwurf erwies sich als wenig brauchbar. Ein neuer Diskussionsentwurf ebnete dann den Weg zu einer umfassenden Reform des WEG im Jahr 2007. Wiederum grundlegend geändert wurde das Wohnungseigentumsgesetz durch das am 1.12.2020 in Kraft getretene WEMoG.

Der Gesetzgeber hatte mit seiner Reform aus dem Jahr 2007 zunächst die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft auch gesetzlich anerkannt. Sie bezieht sich auf den gesamten Bereich der Verwaltung einschließlich der "Verwaltung des Gebrauchs" des Gemeinschaftseigentums. Da im Zuge des WEMoG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht mehr den Wohnungseigentümern obliegt, sondern der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ist diese einer Vollrechtsfähigkeit weiter angenähert worden. Das Verwaltungsvermögen bzw. Gemeinschaftsvermögen ist der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugeordnet und im Übrigen unabhängig vom jeweiligen Mitgliederbestand. Die Wohnungseigentümer haften teilschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft. Jeder der Wohnungseigentümer haftet also Gläubigern der Gemeinschaft gegenüber unmittelbar der Höhe nach anteilig beschränkt auf seinen Miteigentumsanteil. Wohnungseigentümer müssen also damit rechnen, dass sie neben oder statt der Gemeinschaft für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft von Gläubigern in Anspruch genommen werden. Daneben wird für aufgrund Verkaufs ihres Sondereigentums ausgeschiedene Wohnungseigentümer entsprechend § 160 HGB eine zeitlich auf 5 Jahre begrenzte Nachhaftung angeordnet. Im Übrigen hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass die Gemeinschaft nicht insolvenzfähig ist. Das Recht...

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