1 Leitsatz

Die Nutzung einer Wohnung als "Monteurs- oder Ferienwohnung" mit kurzfristig wechselnder Vermietung kann sich im Rahmen der durch die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung bestimmten Nutzung zu Wohnzwecken halten.

2 Normenkette

§ 1 Abs. 2, § 10 Abs. 2 Satz 2, 15 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer B vermietet seine Wohnung an bis zu 4 Handwerker, aber auch an Feriengäste. Gegen diesen Gebrauch und Nutzung geht Wohnungseigentümer K vor.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! K stehe weder aus § 1004 BGB noch aus § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung zu. Auch wenn mehr als 2 Personen in der Wohnung leben würden, entstehe dadurch keine Überbelegung, die das nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß überschreiten würde. Die Rechtsprechung sehe eine Überbelegung regelmäßig jedenfalls dann nicht als gegeben an, wenn in einer 50 qm großen 2-Zimmer-Wohnung 2 nicht familiär verbundene Personen lebten (Hinweis auf OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 11.5.1994, 20 W 216/94; OLG Stuttgart, Beschluss v. 13.8.1992, 8 W 219/92) oder für jede erwachsene Person ca. 10 qm vorhanden seien (Hinweis auf BayObLG, Beschluss v. 9.2.1994, 2 Z BR 7/94, NJW 1994 S. 1662 und KG Berlin, Beschluss v. 10.7.1992, 24 W 3030/92, WuM 1992 S. 554). Im Übrigen sei es B erlaubt, seine Wohnung an in kurzer Zeit wechselnde Feriengäste zu vermieten. K sei es im Übrigen unbenommen, gegen konkrete Störungen vorzugehen.

Hinweis

  1. Im Fall sind 2 Fragen zu beantworten. Die eine ist, ob man überhaupt von "wohnen" i. S. d. § 13 Abs. 1 WEG sprechen kann, wenn ein Wohnungseigentümer seine Wohnung nicht bewohnt, sondern beispielsweise an Handwerker oder Feriengäste vermietet. Diese Frage war lange streitig. Heute ist die Grundsatzentscheidung des BGH, Urteil v. 15.1.2010, V ZR 72/09, maßgebend und allgemein akzeptiert. Diese meinte, dass dann, wenn die Gemeinschaftsordnung nichts anderes bestimme, die Vermietung einer Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung sei. Eine Vermietung an Feriengäste könne in der konkreten Ausgestaltung oder durch Überbelegung ein Ausmaß annehmen, das die übrigen Wohnungseigentümer in einem nach § 14 Nr. 1 WEG nicht hinzunehmendem Maß beeinträchtige. Hiermit ist die 2. Frage angesprochen, nämlich die der "Überbelegung". Hier ist unstreitig, dass die anderen Wohnungseigentümer eine Überbelegung nicht hinnehmen müssen. Das LG zitiert insoweit Rechtsprechung aus den 90er Jahren des letzten Jahrtausends. Es hätte aber auch den BGH aus dem Jahr 2010 und sogar aus dem Jahr 2017 zitieren können (BGH, Urteil v. 27.10.2017, V ZR 193/16, Rz. 18 und Rz. 22; siehe auch LG Koblenz, Urteil v. 4.8.2016, 2 S 124/15 WEG).
  2. Wann aber liegt eine Überbelegung vor? Da kann man sich an den Wohnungsaufsichtsgesetzen der Länder orientieren. Im Berliner Gesetz (zur Beseitigung von Wohnungsmissständen in Berlin) heißt es z. B. wie folgt: "(1) Wohnungen dürfen nur überlassen oder benutzt werden, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 9 qm, für jedes Kind bis zu 6 Jahren eine Wohnfläche von mindestens 6 qm vorhanden ist. (2) Einzelne Wohnräume dürfen nur überlassen oder benutzt werden, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 6 qm, für jedes Kind bis zu 6 Jahren eine Wohnfläche von mindestens 4 qm vorhanden ist und Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen. Stehen Nebenräume nicht oder offensichtlich nicht ausreichend zur Verfügung, gilt Abs. 1 entsprechend". Ähnlich lauten die Bestimmungen der anderen Länder.

Ausblick WEG-Reform

Die WEG-Reform wird an der Frage, wie man sein Wohnungseigentum benutzen darf, nichts ändern. K könnte allerdings nur auf Unterlassung klagen, wenn er durch die Benutzung in seinem Sondereigentum gestört werden würde.

5 Entscheidung

LG Bremen, Beschluss v. 12.5.2020, 4 S 267/19

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