Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übt nach § 9a Abs. 2 WEG die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die Wohnungseigentümer sind ihrerseits gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen, die Beschlüsse und Vereinbarungen der Wohnungseigentümer zu befolgen. Beeinträchtigen einzelne Wohnungseigentümer also das gemeinschaftliche Eigentum etwa durch ungenehmigte bauliche Veränderungen oder Verstöße gegen die Zweckbestimmung ihrer Sondereigentumseinheit, verfolgt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsprechende Beseitigungs- bzw. Unterlassungsansprüche. Die Wohnungseigentümer selbst haben in diesen Fällen nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG lediglich dann einen Individualanspruch gegen den störenden Eigentümer, wenn sie konkret in ihrem Sondereigentum beeinträchtigt sind. Derartige Individualansprüche können seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr beschlussweise zur Ausübung auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragen werden. Das Gesetz kennt keine der nicht mehr geltenden Regelung des § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG korrespondierende Bestimmung mehr.

Was Mängelrechte gegen den Bauträger betrifft, kann zur Erhaltung der schutzwürdigen Belange des Bauträgers jedenfalls der Anspruch auf den "kleinen" Schadensersatz sowie die Ausübung der Minderung lediglich durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden. Andernfalls wäre es für Bauträger unzumutbar, wenn sie sich uneinheitlich mit einzelnen Eigentümern wegen Minderungsansprüchen in unterschiedlicher Höhe und anderen Eigentümern wegen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auseinandersetzen müssten. Die Rechtsprechung war insoweit bereits nach altem Recht vor Inkrafttreten des WEMoG von einer "geborenen" Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 1 WEG a. F. ausgegangen,[1] die sich nunmehr aus § 9a Abs. 2 WEG ergibt.

Allerdings fehlt es mit Blick auf die primären Mängelrechte der Erwerber an einer Gemeinschaftsbezogenheit. Hierbei handelt es sich um die Nacherfüllung, Selbstvornahme und das Verlangen eines Kostenvorschusses. Mit Blick auf die Neuregelungen durch das WEMoG ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass bereits auf Grundlage der alten Rechtslage die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung in aller Regel sogar erfordern, die auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche zur Ausübung auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu übertragen, da es hierbei einer gemeinschaftlichen Willensbildung bedarf. Nur bei Vorliegen besonderer Gründe konnte von einer Rechtsverfolgung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abgesehen werden.[2]Insoweit dürfte sich die Ausübungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nunmehr ebenfalls aus § 9a Abs. 2 WEG ergeben. Sähe man dies anders, wäre jedenfalls der Rechtskreis des § 19 WEG betroffen und hier die Vergemeinschaftung als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung oder nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG als Erhaltungsmaßnahme.

Die Wohnungseigentümer können auch ihre Rechte gegen den Bauträger in Bezug auf die ordnungsmäßige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums vergemeinschaften. Ohne schlüssige Darlegung und ohne Vorlage eines auf die Vergemeinschaftung gerichteten Beschlusses ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allerdings nicht aktivlegitimiert und eine von dieser etwa auf Vorschusszahlung gerichtete Klage abzuweisen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist allerdings nicht prozessführungsbefugt für die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte in Ansehung eines Planfeststellungsbeschlusses. Entsprechende Rechte können ihr nicht durch Beschluss zur Ausübung übertragen wurden.

Soll etwa eine Autobahn auf 6 Streifen ausgebaut werden und sind hierdurch verstärkte Lärmimmissionen einer benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft zu befürchten, kann sich jeder Wohnungseigentümer entsprechend wehren und baurechtliche Nachbaransprüche gerichtlich geltend machen. Allerdings kann dieser Anspruch nicht zur Ausübung auf die Wohnungseigentümergemeinschaft durch mehrheitliche Beschlussfassung übertragen werden.

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