Grundsätzlich kann der Vermieter von Wohnraum das Mietverhältnis nur dann ordentlich fristgemäß kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß der Bestimmung des § 573 BGB hat. Dieses berechtigte Interesse liegt stets bei schuldhaften Pflichtverletzungen des Mieters vor, aber auch dann, wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann oder an einer wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung gehindert wäre und hierdurch erhebliche Nachteile erleiden würde.

Höchst praxisrelevant gilt dies allerdings gemäß § 573a Abs. 1 BGB dann nicht, wenn von der Kündigung ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen betroffen ist. Hier kann der Vermieter auch dann kündigen, wenn es an einem berechtigten Interesse fehlt. Der Mieter ist hier aber durch eine Verlängerung der Kündigungsfrist um 3 Monate geschützt.

Besteht ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG, § 1056 Abs. 2 BGB oder § 544 BGB, verlängert sich die Kündigungsfrist allerdings nicht. Dies stellt die Bestimmung des § 573d Abs. 2 Satz 2 BGB klar.

4.8.1 Gebäude

Der Begriff des Gebäudes bestimmt sich dabei nach der Verkehrsauffassung, nicht nach der Ausweisung im Grundbuch als einheitliches Gebäude.[1] Danach werden Reihenhäuser oder Doppelhaushälften als selbstständige Gebäude angesehen.[2]

Verfügt ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte über 2 Wohnungen und wird die eine vom Vermieter selbst bewohnt und die andere vermietet, kann der Vermieter sein Sonderkündigungsrecht auch dann ausüben, wenn die Wohnungen über getrennte Eingangsbereiche verfügen und auch ansonsten keine Berührungspunkte aufweisen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist das Sonderkündigungsrecht jedenfalls auch dann gegeben, wenn Vermieter und Mieter in dem gemeinsam bewohnten Gebäude keine Gelegenheit zum Zusammentreffen haben, wenn es insbesondere an einem gemeinsamen Treppenhaus, an einem gemeinsamen Hauseingang fehlt und auch sonstige gemeinschaftlich zu nutzende Räume oder Flächen nicht vorhanden sind.[3]

4.8.2 Nur 2 Wohnungen

Im Gebäude dürfen nicht mehr als 2 Wohnungen vorhanden sein. Für die Beurteilung, ob in einem Gebäude mehr als 2 Wohnungen vorhanden sind, ist wiederum die Verkehrsanschauung maßgebend. Auf eine eventuelle baurechtswidrige Errichtung kommt es nicht an, weil trotz Baurechtswidrigkeit eine tatsächliche Wohnnutzung erfolgen kann. Unter einer Wohnung wird gemeinhin ein selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich verstanden, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht.[1] Es müssen also Versorgungsleitungen vorhanden sein, es muss eine Kochgelegenheit geben.

 

Keine Kündigung möglich

Leerstand ist unbedeutend

Sind im Gebäude 3 Wohnungen vorhanden und steht eine davon dauerhaft leer und ist ungenutzt, so scheidet das Sonderkündigungsrecht per se aus.

Doppelnutzung unerheblich

Sind im Gebäude 3 Wohnungen vorhanden, von denen der Vermieter 2 selbst nutzt, ist das Sonderkündigungsrecht ebenfalls ausgeschlossen.

2 Wohnungen und eine Gewerbeeinheit

Das Sonderkündigungsrecht ist auch ausgeschlossen, wenn in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude neben 2 Wohnungen Räume vorhanden sind, in denen eine eigenständige Haushaltsführung möglich ist, auch wenn diese als Gewerberaum vermietet sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sie schon vor Abschluss des Mietvertrags, für dessen Kündigung der Vermieter das Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt, als gewerbliche Räume genutzt wurden.[2]

4.8.3 Vom Vermieter selbst bewohnt

Der Vermieter muss in der von ihm selbst bewohnten Wohnung nicht seinen Lebensmittelpunkt haben.[1] Allerdings ist wegen des Normzwecks eine Nutzungsintensität zu fordern, die die Gefahr erhöhter Spannungen möglich erscheinen lässt. Insoweit dürfte eine Nutzung lediglich an den Wochenenden bereits ausreichen. Bereits sachlogisch kann das Sonderkündigungsrecht dann nicht ausgeübt werden, wenn die Wohnung vom Vermieter beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient. Denn hier fehlt es bereits an einem "Wohnen".

Folgende Besonderheiten sind zu beachten:

 

Besonderheiten: Untervermietung und mehrere Vermieter

Das Sonderkündigungsrecht besteht auch im Fall der Untervermietung

Beispiel: Der Mieter hat vom Vermieter ein Einfamilienhaus mit einer Einliegerwohnung gemietet. Die Einliegerwohnung vermietet der Mieter unter. Der (Haupt-)Mieter kann von seinem Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Untermieter Gebrauch machen, weil es auf Eigentumsverhältnisse nicht ankommt.

Das Sonderkündigungsrecht besteht auch dann, wenn von mehreren Vermietern nur einer im Gebäude selbst wohnt

Beispiel: Den beiden Geschwistern ist das Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen worden. Beide vermieten die Einliegerwoh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge