Leitsatz

Werden den Wohnungseigentümern die Gesamt- und der jeweilige Einzelwirtschaftsplan übersandt, ergibt sich aus den Umständen, dass der Beschluss "Der vorliegende Wirtschaftsplan wird beschlossen" auch die Einzelwirtschaftspläne umfasst.

 

Normenkette

§ 28 Abs. 2 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer genehmigen am 27.9.2012 den Wirtschaftsplan 2012. Einen Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 hatten die Wohnungseigentümer zuvor bereits am 23.5.2012 beschlossen. Der am 27.9.2012 beschlossene Wirtschaftsplan legt die Kosten allerdings nach den vereinbarten Umlageschlüsseln um (im Beschluss vom 23.5.2012 war von diesen abgewichen worden). Wohnungseigentümerin K, der 3 Wohnungseigentumsrechte gehören, greift den Beschluss vom 27.9.2012 daher an.
  2. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Die Anfechtungsklage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Wohnungseigentümer hätten lediglich den Gesamtwirtschaftsplan 2012 genehmigt. Gegen diesen habe K aber keine Einwände erhoben. Da Hausgeldvorschüsse ohne Beschlussfassung über die Einzelwirtschaftspläne nicht fällig würden, fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Gegen diese Entscheidung wendet sich K. Ihrer Ansicht nach sind am 27.9.2012 der Gesamt- und die Einzelwirtschaftspläne genehmigt worden.
 

Die Entscheidung

  1. Die Wohnungseigentümer hätten sowohl den Gesamtwirtschaftsplan als auch die Einzelwirtschaftspläne genehmigt. Zwar heiße es in der Niederschrift "Der vorliegende Wirtschaftsplan 2012 in der Fassung vom 10.9.2012 wird beschlossen" und von den Einzelwirtschaftsplänen sei keine Rede. Wenn in einem Beschluss nur von "der Jahresabrechnung" oder "dem Wirtschaftsplan" die Rede sei, müsse der Beschluss gleichwohl ausgelegt werden, ob die Jahreseinzelabrechnungen oder Einzelwirtschaftspläne mitbeschlossen worden seien (Hinweis u.a. auf OLG München v. 20.3.2008, 34 Wx 46/07, ZMR 2009 S. 64). Nach Auslegung der Kammer hätten die Wohnungseigentümer auch die Einzelwirtschaftspläne genehmigt. Den Wohnungseigentümern sei zur Versammlung der Wirtschaftsplan 2012 übersandt worden. Bei diesem habe es sich um den Gesamt- und den jeweiligen Einzelwirtschaftsplan gehandelt. Hätten die Wohnungseigentümer nur den Gesamtwirtschaftsplan genehmigen wollen, hätte im Beschlusswortlaut eine deutliche Einschränkung erfolgen müssen.
  2. Der Beschluss sei in Bezug auf den Gesamtwirtschaftsplan nicht zu beanstanden. K habe insoweit keine inhaltlichen Einwendungen erhoben. Ihrem Einwand, es handle sich um einen unzulässigen abändernden Zweitbeschluss zum Beschluss vom 23.5.2012, sei nicht zu folgen. Ein abändernder Zweitbeschluss sei grundsätzlich zulässig, sofern dieser "aus sich heraus einwandfrei" sei. Jedoch könne jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass seine schutzwürdigen Belange aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigt werden (Hinweis unter anderem auf BGH v. 20.12.1990, V ZB 8/90, BGHZ 113 S. 197). Schutzwürdige Belange könnten insbesondere dann beeinträchtigt sein, wenn der Erstbeschluss ein subjektives Recht eines Wohnungseigentümers begründe, das durch den Zweitbeschluss wieder entzogen werden soll. Dies sei dann der Fall, wenn der Wohnungseigentümer einen rechtlichen Nachteil im Verhältnis zum Erstbeschluss erleide. Das bedeute jedoch nicht, dass durch den abändernden Beschluss etwaige tatsächliche Vorteile erhalten bleiben müssten (Hinweis unter anderem auf OLG Frankfurt v. 3.9.2004, 20 W 34/02, OLGR 2005 S. 334). Danach könne eine Unzulässigkeit nicht festgestellt werden. Der Zweitbeschluss sei für sich betrachtet ordnungsmäßig, weil er eine Kostenverteilung entsprechend den Vorgaben der Teilungserklärung (wenn auch entgegen der davor jahrelang geübten Praxis) enthalte. Die Parteien hätten sich auch nicht im Wege einer Vereinbarung über eine Abänderung des Umlageschlüssels aus der Teilungserklärung geeinigt, auch wenn sich K insoweit mit den übrigen Eigentümern in Gesprächen befand. Schutzwürdige Belange der K aus dem Erstbeschluss seien nicht verletzt. Zum einen lege der Wirtschaftsplan die Verteilung der Lasten und Kosten nur vorläufig fest; erst durch die Abrechnung nebst Einzelabrechnungen würden die Lasten und Kosten endgültig verteilt. K könne sich zum anderen während des laufenden Wirtschaftsjahres nicht darauf berufen, darauf vertraut zu haben, die Lasten und Kosten würden für dieses Wirtschaftsjahr auch weiterhin gemäß der zuvor geübten langjährigen Praxis und entgegen der Teilungserklärung verteilt werden.
  3. Der Beschluss entspreche allerdings hinsichtlich des Einzelwirtschaftsplans der K keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. K's 3 Wohnungseigentumsrechte seien in einem Einzelwirtschaftsplan zusammengefasst worden. Dies sei falsch. Für jedes Wohnungseigentumsrecht hätte ein eigener Einzelwirtschaftsplan erstellt werden müssen. Jedes Wohnungseigentumsrecht müsse hinsichtlich des Wirtschaftsplans und der Abrechnung separat erfasst werden. Daran ändere nichts, dass K Eigentümerin aller 3 Wohnungseigentumsrechte sei und sich diese in einem selbstständigen...

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