Leitsatz

Existieren nicht verschiedene Versionen eines Wirtschaftsplans, ist die Bezeichnung "Wirtschaftsplan + Jahr" bei der Beschlussfassung hinreichend bestimmt.

Vor der Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan muss dieser den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 1

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer V ist bis 9.11.2013 zum Verwalter bestellt. Nichtdestotrotz lädt er ausdrücklich als Verwalter zu einer Versammlung am 15.12.2016 ein. Die Versammlung wird von ihm auch als Verwalter eröffnet und geleitet. Die Wohnungseigentümer genehmigen in dieser Versammlung den Wirtschaftsplan für das Jahr 2017. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor.
  2. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Zur Begründung gibt es an, der Beschluss sei nichtig, da er nicht hinreichend bestimmt sei. Aus der Niederschrift gehe nämlich nicht hervor, welcher Wirtschaftsplan genau beschlossen worden sei. Eine genaue Bezeichnung, etwa eine Datumsangabe enthalte die Niederschrift nicht. Der Wirtschaftsplan, der unstreitig nicht der Einladung zu der Versammlung beigefügt gewesen sei, sei auch der Niederschrift nicht beigefügt worden.
  3. Gegen diese Sichtweise wendet sich Wohnungseigentümer K.
 

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Der angefochtene Beschluss sei zwar nicht, wie vom AG angenommen, nichtig. Er sei aber für ungültig zu erklären.

Nichtigkeit

Der Beschluss sei nicht nichtig, insbesondere sei er ausreichend bestimmt.

Grundsätze der Bestimmtheit und Auslegung

  1. Der Inhalt eines Beschlusses müsse, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden sei, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es bestehe ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Beschlüsse seien daher "aus sich heraus" auszulegen und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürften nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne Weiteres erkennbar seien.
  2. Dies bedeute aber nicht, dass sich der Text eines Beschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb der Niederschrift beziehen dürfte. Es sei allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen dürfe, wie dies beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Abrechnung und häufig auch bei "Sanierungsbeschlüssen" nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschehe.
  3. Nehme ein Beschluss auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch der Niederschrift sei, erfordere das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt sei. Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse werde dadurch gewährleistet, dass das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschluss-Sammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen sei.
  4. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Sowohl die Bezeichnung des Tagesordnungspunktes als auch der Antrag benannten den zu genehmigenden Wirtschaftsplan ausreichend konkret. Er werde jeweils "Wirtschaftsplan 2017" benannt. Diese Benennung genüge als Inbezugnahme. Für einen Sonderrechtsnachfolger sei mit dieser Formulierung ohne Weiteres erkennbar, dass es sich um eine Bezugnahme auf außerhalb der Niederschrift vorhandene Unterlagen handeln müsse. Für die Bestimmtheit bedürfe es weder der ausdrücklichen Formulierung, dass "die dem Protokoll beigefügten" Unterlagen genehmigt werden, noch bedürfe es zwingend einer datumsmäßigen Benennung (Hinweis auf LG Dortmund v. 30.6.2017, 17 S 232/16, ZWE 2017 S. 455). Für das Wirtschaftsjahr 2017 habe den Wohnungseigentümern bei Beschlussfassung außerdem der beschlossene Plan vorgelegen. Eine geänderte Fassung gebe es unstreitig nicht. Somit sei "offensichtlich", dass über diesen einzig vorhandenen Wirtschaftsplan abgestimmt worden sei. Ein Sonderrechtsnachfolger sei in diesem Fall ohne Weiteres in der Lage, nach Einsicht in die Beschluss-Sammlung und ggf. sodann in die vom Verwalter aufzubewahrenden Unterlagen, den einzig vorhandenen Wirtschaftsplan für das Jahr 2017 einzusehen.

Ordnungsmäßigkeit

Der Beschluss sei aber wirksam angefochten und auch nicht ordnungsmäßig gewesen.

Zulässigkeit der Klage

  1. Es sei allerdings nicht richtig gewesen, dass das Amtsgericht (AG) die Klage B zugestellt habe. V habe die Verwaltung seit dem 10.11.lediglich faktisch fortgeführt und sei nicht mehr Verwalter gewesen. Ein "faktischer" Verwalter sei nicht mehr nach § 45 Abs. 1 WEG Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer (Hinweis auf BGH v. 20.4.2018, V ZR 202/16, Rn. 5).
  2. Eine Heilung des in der unwirksamen Zustellung an den Verwalter als Zustellungsvertreter liegenden Mangels nach § 189 ZPO sei zwar durch Zugang des zuzustellenden Dokuments, ggf. auch in Kopie, bei den beklagten Wohnungseigentümern bzw. ihrem Prozessbevoll...

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