Ist dem Wohnungseigentümer nach derzeit noch geltender Rechtslage jeder Schaden zu ersetzen, den er durch die Inanspruchnahme seines Sondereigentums erleidet, wird dies künftig nicht mehr der Fall sein, denn der Gesetzgeber entlehnt den Aufopferungsanspruch nicht mehr wie bisher § 904 BGB, sondern künftig der Bestimmung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.[1] Nach wie vor ist zwar kein Verschulden erforderlich, allerdings muss der Schaden des betreffenden Wohnungseigentümers eine Sonderopfergrenze überschreiten. Es besteht also kein Anspruch mehr auf Ersatz jedes adäquat-kausal verursachten Schadens, sondern nur noch auf eine angemessene Entschädigung, die allerdings im Einzelfall durchaus das bislang geltende Niveau erreichen kann. Gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kann jedenfalls nicht Schadensersatz, sondern lediglich ein nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bestimmender Ausgleich verlangt werden, wonach nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung auszugleichen ist.[2] Denn § 14 Abs. 3 WEG n. F. verleiht den Wohnungseigentümern einen Anspruch auf angemessenen Geldausgleich nur dann, wenn die zu duldende Einwirkung auf das Sondereigentum über das zumutbare Maß hinausgeht. Ob diese Voraussetzung vorliegt, bestimmt sich nicht nach der konkreten Nutzung der Sondereigentumseinheit. Vielmehr ist auf einen verständigen durchschnittlichen Wohnungseigentümer der Sondereigentumseinheit in ihrer konkreten Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung abzustellen. Auszugleichen ist die Einbuße, die bei durchschnittlicher Benutzung einer Sondereigentumseinheit typischerweise entsteht.[3] Hypothetische Benutzungsmöglichkeiten und andere Besonderheiten des Einzelfalls bleiben außer Betracht.

 
Praxis-Beispiel

Die hochwertige Seidentapete im "Plattenbau"

Im Zuge der Sanierung einer Versorgungsleitung einer einfachen, Anfang der 1960er Jahre errichteten Wohnanlage ist es erforderlich, eine Wand im Bereich des Sondereigentums eines Wohnungseigentümers aufzuschlagen. Die Wohnungen waren ursprünglich allesamt mit Raufasertapete ausgestattet. Der von der Erhaltungsmaßnahme betroffene Wohnungseigentümer hat an dieser Wand eine besonders hochwertige Seidentapete aufgebracht. Diese Ausstattung stellt bei typisierender Betrachtungsweise kein durchschnittliches Ausstattungsmerkmal einer gleichartigen Wohnung dar. Der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer wird daher nur einen Wertausgleich beanspruchen können, der den Kosten einer "normalen" Tapete entspricht. Anders wird dies wiederum in Luxus-Wohnanlagen aussehen, die u. U. bereits mit hochwertigen Seidentapeten ausgestattet sind.

Der Ausgleichsanspruch wird nur für den Teil der Beeinträchtigung gewährt, der unzumutbar ist.[4] Damit ist er betragsmäßig regelmäßig niedriger als ein Schadensersatzanspruch und als Billigkeitsentschädigung grundsätzlich nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bemessen.[5] Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Anspruch an der Höhe einer hypothetischen Mietminderung auszurichten und nicht etwa am persönlichen Empfinden der Bewohner.[6]

Insbesondere aber bei Eingriffen in die Sachsubstanz kann der Ausgleichsanspruch die Höhe eines vollen Schadensersatzes erreichen.[7] So kann auch Ausgleich für die Folgenbeseitigung einschließlich der Planungskosten und der Kosten der Rechtsverfolgung[8], im Einzelfall auch für den entgangenen Gewinn oder für einen Minderwert beansprucht werden. Auch kann der Ersatz eines merkantilen Minderwerts, der bei Sondereigentumseinheiten nicht individuell für jedes Sondereigentum ermittelt werden muss, umfasst sein.[9] Wie nach derzeitiger Rechtslage auch, ist ein Abzug "neu für alt" zu berücksichtigen, was allerdings von den Umständen des Einzelfalls abhängt.[10]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge