In den äußerst praxisrelevanten wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren der Anfechtungs-, Nichtigkeits- und Beschlussersetzungsverfahren wird der klagende Wohnungseigentümer künftig stets auch dann anteilig mit den Verfahrenskosten belastet werden, wenn er das Verfahren gewinnt. Folge der gesetzlich angeordneten Passivlegitimation der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nämlich, dass dieser im Fall des Unterliegens die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Da auch der klagende Wohnungseigentümer Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist, ist er an diesen Kosten über den geltenden Kostenverteilungsschlüssel mitbelastet. Dieser Grundsatz gilt auch bislang, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft Verfahrensbeteiligte ist.

 
Praxis-Beispiel

Hausgeldverfahren

Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft vermeintliche Hausgeldrückstände oder Schadensersatzansprüche klageweise gegen einen Wohnungseigentümer geltend und unterliegt sie im Rechtsstreit, ist auch hier der beklagte Wohnungseigentümer an den Kosten der Gemeinschaft entsprechend des insoweit geltenden Kostenverteilungsschlüssels beteiligt, obwohl er das Verfahren gewonnen hat.[1] Ungeklärt blieb dies nach bisheriger Rechtslage lediglich für Klagen, die die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der "gekorenen" Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a. F. geltend gemacht hatte. Da es diese nicht mehr geben wird, hat sich das Problem erledigt.

Möglichkeit, einen Beschluss über die Kostenbefreiung eines obsiegenden Klägers herbeizuführen

 

Beschlussmuster: Gerichtliches Verfahren – Kostenbefreiung des obsiegenden Klägers einer Beschlussklage

TOP XX: Kostenbefreiung des obsiegenden Klägers einer Beschlussklage

Der obsiegende Wohnungseigentümer einer Beschlussklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird von den infolgedessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auferlegten Verfahrenskosten in Höhe seines Anteils nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel freigestellt. Eine Kostenverteilung erfolgt also unter sämtlichen Wohnungseigentümern mit Ausnahme des obsiegenden Wohnungseigentümers. Diese Regelung ist nicht für etwaige durch eine Nebenintervention auf Klägerseite entstandenen Kosten anwendbar. So derartige Kosten gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer festgesetzt werden sollten, sind in die Verteilung dieser Kosten sowohl der Kläger als auch sein(e) Streithelfer eingebunden.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

Im Fall des Unterliegens wird es für den Kläger einer Beschlussklage in Zukunft aber deutlich billiger. Erhebliche Auswirkungen hat die gesetzliche Neuregelung nämlich für die Rechtsanwälte, die bislang auf der Passivseite stehen, also die Gegner des klagenden Wohnungseigentümers vertreten. Wird künftig die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Beklagte im Beschlussprozess sein, vertritt der Rechtsanwalt nur noch eine Partei. Ihm steht also nicht mehr die Mehrvertretungsgebühr der Nr. 1008 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zur Verfügung (VV RVG).

 
Praxis-Beispiel

Anfechtungsklage

Ein Wohnungseigentümer erhebt Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Durchführung einer Erhaltungsmaßnahme. Der Streitwert beträgt 20.000 EUR. Mit der Verteidigung der 70 beklagten übrigen Wohnungseigentümer bzw. der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (nach künftiger Rechtslage) beauftragt der Verwalter einen Rechtsanwalt. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ergeht Urteil, das den Beschluss für ungültig erklärt.

Gebühren des Rechtsanwalts vor der Reform:

 
1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) 964,60 EUR
2,0 Mehrvertretungsgebühr (Nr. 1008 VV RVG) 1.484,00 EUR
1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) 890,40 EUR
Pauschale Kommunikation (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR
Zwischensumme netto 3.358,60 EUR
zzgl. 19 % USt. (Nr. 7008 VV RVG) 638,13 EUR
Endsumme brutto 3.996,73 EUR

Gebühren des Rechtsanwalts nach der Reform:

 
1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) 964,60 EUR
1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) 890,40 EUR
Pauschale Kommunikation (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR
Zwischensumme netto 1.875,00 EUR
zzgl. 19 % USt. (Nr. 7008 VV RVG) 356,25 EUR
Endsumme brutto 2.231,25 EUR

Die Differenz beträgt stattliche 1.765,48 EUR brutto. Für die Anwälte künftig zunächst eine bittere Pille, für den unterlegenen Kläger einer Anfechtungsklage ein (wiederum zunächst) in doppelter Hinsicht willkommenes Ergebnis: Einerseits spart er erhebliche Kosten, als Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bekommt er andererseits den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil der Verfahrenskosten, die er der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erstattet hat, über die Jahresabrechnung wieder ausbezahlt. Allerdings werden die Streitwerte in Beschlussklagen deutlich angehoben.

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