WEG n. F.

§ 20 Bauliche Veränderungen

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

Bauliche Veränderungen, die gegen § 20 Abs. 4 WEG n. F. verstoßen, können nicht verlangt werden. Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung, die gegen § 20 Abs. 4 WEG n. F. verstößt, ist allerdings nicht nichtig, sondern nur auf Anfechtungsklage hin aufzuheben. § 20 Abs. 4 WEG n. F. beschränkt also nicht die durch § 20 Abs. 1 WEG n. F. eingeräumte Beschlusskompetenz. Im Übrigen regelt § 20 Abs. 4 WEG n. F. die Anfechtbarkeit eines Beschlusses über bauliche Veränderungen nicht abschließend. Auch wenn eine beschlossene Maßnahme der baulichen Veränderung die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig benachteiligt, kann der Beschluss auch aus anderen Gründen rechtswidrig sein.[1]

Grundsätzlich werden baulichen Veränderungen gemäß § 20 Abs. 4 WEG n. F. 2 Grenzen gesetzt:

  1. sie dürfen die Wohnanlage nicht grundlegend umgestalten,
  2. sie dürfen keinen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen.

Liegt einer dieser beiden Fälle vor, sind sowohl Vornahmebeschlüsse als auch Gestattungsbeschlüsse auf Anfechtungsklage hin aufzuheben bzw. für ungültig zu erklären.

 

Keine Beschlussnichtigkeit

Werden vorerwähnte Grenzen überschritten, führt dies grundsätzlich nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses über die bauliche Veränderung, nicht zur Beschlussnichtigkeit.

[1] Siehe nachfolgend Beschlussanfechtung.

6.1 Grundlegende Umgestaltung

Die Frage, ob eine bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, bedarf stets einer Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände. Bezugspunkt ist zunächst die Wohnanlage in ihrem Gesamtbestand. Eine grundlegende Umgestaltung wird deshalb nur im Ausnahmefall und bei Vorliegen einer der in § 20 Abs. 2 WEG n. F. genannten privilegierten Maßnahmen gar nicht anzunehmen sein. Hat die beschlossene Maßnahme der baulichen Veränderung also Maßnahmen

  • der Barrierefreiheit,
  • des Ladens von E-Mobilen,
  • des Einbruchschutzes oder
  • der Anbindung an ein Hochgeschwindigkeits-Kommunikationsnetz

zum Inhalt, dürfte eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage "zumindest typischerweise gar nicht anzunehmen sein".[1] Insoweit kann aber im konkreten Einzelfall etwas anderes gelten.

Umgestaltung vs. "Änderung der Eigenart der Wohnanlage"

Nach bislang geltender Rechtslage können Maßnahmen der Modernisierung nach § 22 Abs. 2 WEG a. F. beschlossen werden, wenn die Modernisierungsmaßnahme "die Eigenart der Wohnanlage nicht ändert". Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist insoweit jedoch enger. Nicht jede bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG a. F. die Eigenart der Wohnanlage ändert, führt auch zu einer grundlegenden Umgestaltung. Auf Grundlage des bisherigen § 22 Abs. 2 WEG a. F. wird eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage dann angenommen, wenn die Modernisierungsmaßnahme zu einer Umgestaltung der Wohnanlage insbesondere durch einen Anbau, eine Aufstockung oder einen Abriss von Gebäudeteilen führt.[2] Diese 3 genannten Beispiele dürften wohl auch einer grundlegenden Umgestaltung nach § 20 Abs. 4 WEG n. F. entsprechen, wobei hier die Rechtsprechung abzuwarten bleibt.

Derzeit nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Baumaßnahmen und von § 22 Abs. 2 WEG a. F. nicht umfasst, sind insbesondere

  • die Errichtung von Wintergärten,
  • der Anbau eines Außenaufzugs[3],
  • der Einbau zusätzlicher Fenster,
  • der Bau zusätzlicher Dachgauben.[4]

Auch vergleichbare Veränderungen des inneren oder äußeren Bestands der Wohnanlage wie insbesondere

  • der Ausbau eines bisher nicht zu Wohnzwecken genutzten Speichers zu Wohnraum[5],
  • die Aufstockung des Gebäudes um ein Vollgeschoss[6] oder
  • die Asphaltierung einer die Wohnanlage umgebenden größeren Grünfläche zum Abstellen von Autos

sind nicht von der Beschlusskompetenz erfasst. All diese Beispiele wiederum dürften allerdings keine grundlegende Umgestaltung i. S. v. § 20 Abs. 4 WEG n. F. darstellen. Mit diesen Maßnahmen ist zwar eine Änderung des optischen Gesamteindrucks verbunden, der aber nicht entscheidend sein dürfte.

Die Rechtsprechung zu § 22 Abs. 2 WEG a. F. sieht zumindest eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage auch dann für gegeben an, wenn der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird oder ein uneinheitlicher Gesamteindruck entsteht. Das ist der Fall, wenn beispielsweise nur einzelne Balkone an der Front eines Hauses, nicht aber alle verglast werden oder beim Bau von Dachgauben in einer vorhandenen Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird. Insbesondere hinsichtlich des Anbaus von Balkonen ist zu beachten, dass es zu keinem uneinheitlichen Erscheinungsbild kommen darf. Werden lediglich an einigen Wohnungen Balkone angebaut, liegt keine Modernisierung...

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