Grundsatz 1: Stets Beschluss

 

Neu: Jede bauliche Veränderung ist zu beschließen

Bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums müssen künftig stets beschlossen werden und zwar unabhängig davon, ob die konkrete bauliche Veränderung tatsächlich zu einer Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer führt oder nicht.

Wichtig ist zunächst die eindeutige Aussage in § 20 Abs. 1 WEG n. F., dass bauliche Veränderungen beschlossen werden. Hiermit wird die derzeit noch bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt, ob neben dem Versammlungsbeschluss auch eine Zustimmung außerhalb einer förmlichen Beschlussfassung möglich wäre. Die Instanzrechtsprechung hatte dies verneint, der BGH konnte diese Frage in der Vergangenheit stets offen lassen.[1] Künftig wird es jedenfalls förmlicher Beschlussfassung bedürfen.

Die künftige Rechtslage hat für alle Beteiligten Vorteile:

  • Die Wohnungseigentümer werden über jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums informiert.
  • Der bauwillige Wohnungseigentümer hat Rechtssicherheit, wenn der Beschluss in Bestandskraft erwächst.

Grundsatz 2: Stets Mehrheitsbeschluss

 

Neu: Jede bauliche Veränderung kann einfach-mehrheitlich beschlossen werden

Eine ganz erhebliche Änderung der derzeit geltenden Rechtslage stellt der Umstand dar, dass bauliche Veränderungen in Zukunft grundsätzlich einfach-mehrheitlich beschlossen werden können. Auf der Rechtsfolgenseite ist dabei zunächst der Grundsatz zu beachten, dass nur die zustimmenden Wohnungseigentümer die Kosten der beschlossenen Maßnahme zu tragen haben. Allerdings gilt dies gemäß § 21 Abs. 2 WEG n. F. dann nicht, wenn mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme votieren und dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren oder sich die Kosten einer einfach-mehrheitlich beschlossenen Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Dann erfolgt die Kostenverteilung unter sämtlichen Wohnungseigentümern.

Bezüglich des Anspruchs des einzelnen Wohnungseigentümers auf Durchführung einer baulichen Veränderung gemäß § 20 Abs. 3 WEG n. F. ist die Zustimmung der über das bei einem ordnungsmäßigen Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus benachteiligten Wohnungseigentümer erforderlich.

Beschlüsse über bauliche Veränderungen sind nach wie vor anfechtbar. Von erheblicher Bedeutung ist allerdings auch hier, dass eine Anfechtungsklage nach der Neuregelung in § 20 Abs. 4 WEG n. F. nur dann in materiell-rechtlicher Hinsicht[2] erfolgreich zu führen sein wird, wenn

  • die bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder
  • einzelne Wohnungseigentümer ohne ihr Einverständnis gegenüber den anderen Wohnungseigentümern unbillig benachteiligt werden.

Mit Blick auf die Kosten baulicher Veränderungen trägt die Neuregelung in § 21 WEG n. F. dem Umstand Rechnung, dass nicht zustimmende Wohnungseigentümer bzw. Wohnungseigentümer, die keinen Nutzen aus einer baulichen Veränderung ziehen, auch nicht mit den Kosten belastet werden dürfen, soweit es sich nicht um Maßnahmen handelt, die mit einer Zustimmung von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen wurden, die dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren und die nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sind oder deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.

[1] LG München I, Urteil v. 6.7.2015, 1 S 22070/14, NZM 2016 S. 209; LG Hamburg, Urteil v. 16.1.2013, 318 S 55/12, ZMR 2013 S. 373; AG Hamburg-Barmbek, Urteil v. 14.1.2015, 882 C 17/14, ZMR 2015 S. 578; offen gelassen: BGH, Urteil v. 6.7.2018, V ZR 221/17, NZM 2019 S. 94.
[2] Bezüglich weiterer formeller Anfechtungs-, insbesondere aber auch Nichtigkeitsgründe siehe Beschlussanfechtung.

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