Leitsatz

Der Unterhaltsschuldner kann sich bei einem unfreiwilligen Verlust seines Arbeitsplatzes auf die eigene Leistungsunfähigkeit nicht berufen, wenn er diese durch unterhaltsbezogene Mutwilligkeit herbeigeführt hat. Das ist der Fall, wenn er den möglichen Eintritt der Leistungsunfähigkeit als Folge seines Verhaltens erkannt und im Bewusstsein des Eintritts dieser Möglichkeit gehandelt haben.

Dem zu 60 % schwerbehinderten Vater zweier unterhaltsberechtigter Kinder war 1995 wegen des Diebstahls von Betriebseigentum gekündigt worden. Wegen dieser Tat war er strafrechtlich zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. In der Folgezeit konnte er nurmehr ein Einkommen von ca. 2 200 DM bis 2 600 DM erzielen. Die Kinder begehrten Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhaltes der Düsseldorfer Tabelle, ausgehend von dem 1995 erzielten bereinigten Nettoeinkommen des Vaters in Höhe von 4 781 DM.

Dem Begehren der Kinder wurde vom BGH nicht stattgegeben, da zunächst vom Berufungsgericht geklärt werden muss, ob für die Höhe des Unterhaltes von dem 1995 erzielten bereinigten Nettoeinkommen des Vaters auszugehen ist oder sich dieser auf seine Leistungsunfähigkeit berufen kann, so dass für die Höhe des Unterhaltes vom tatsächlichen Einkommen des Vaters auszugehen ist.

Der Möglichkeit des Unterhaltsschuldners, sich auf seine Leistungsunfähigkeit zu berufen steht hier nicht entgegen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes und somit die Leistungsunfähigkeit durch eine Straftat begründet waren. Das Begehen einer Straftat allein, auch wenn sich die durch die Straftat verursachten Folgen auf den Lebensstandard des Unterhaltspflichtigen auswirken, genügt nicht, um den erforderlichen unterhaltsrechtlichen Bezug zu begründen. Vielmehr muss das Verhalten des Unterhaltspflichtigen erkennen lassen, dass sich die der Straftat zugrundeliegenden Vorstellungen und Antriebe gerade auch auf die Verminderung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit auch als Folge des strafbaren Verhaltens erstreckt haben.

Diese unterhaltsrechtliche Mutwilligkeit ist aber bei der bloßen Vorhersehbarkeit des Arbeitsplatzverlustes nicht gegeben, auch wenn die Eigenschaft als Schwerbehinderter die Arbeitsplatzsuche erschwert. Ebenso rechtfertigt die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe allein nicht die Annahme unterhaltsrechtlicher Mutwilligkeit.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 12.04.2000, XII ZR 79/98

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