Rz. 28

Wird vom Rechtsmittelgericht an ein untergeordnetes Gericht desselben Instanzenzugs verwiesen, das allerdings noch nicht mit der Sache befasst war, gilt ebenfalls § 21 Abs. 1: Das Verfahren vor dem annehmenden Gericht ist gegenüber dem Verfahren vor dem verweisenden Gericht eine neue Angelegenheit – die Gebühren entstehen erneut, allerdings hier mit der Maßgabe, dass VV Vorb. 3 Abs. 6 nicht greift und jetzt auch in Verfahren nach VV Teil 3 keine Anrechnung stattfindet.

 

Rz. 29

Der Anwendungsbereich dieser Variante ist sehr gering, da eine Zurückverweisung grundsätzlich nur an denselben Spruchkörper möglich ist, der auch vorinstanzlich entschieden hat. Die Verfahrensordnungen kennen jedoch Ausnahmen, wonach auch an ein mit der Sache noch nicht befasstes Gericht oder an einen anderen Spruchkörper des vorinstanzlichen Gerichts zurückverwiesen werden kann. In diesen Fällen zählt das andere Gericht oder die andere Kammer noch zum prozessualen Instanzenzug. Wechselt infolge der Zurückverweisung dagegen gleichzeitig der Instanzenzug, so gilt nicht § 21 Abs. 1, sondern § 20 (siehe Rdn 36 ff.).

 

Rz. 30

Von § 21 Abs. 1 in dieser Variante werden zum einen diejenigen Fälle erfasst, in denen die jeweilige Verfahrensordnung die Zurückverweisung an ein anderes Gericht als das, das vorinstanzlich entschieden hat, zulässt, z.B. nach §§ 354 Abs. 2, 354a StPO.

 

Beispiel: Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des LG Gießen verweist der BGH die Sache nach § 354 Abs. 2, 2. Alt. StPO an das LG Frankfurt zurück.

Es gilt § 21 Abs. 1, da § 354 Abs. 2 StPO den Rechtszug erweitert. Wäre dagegen nach § 355 StPO (absoluter Revisionsgrund) wegen örtlicher Unzuständigkeit des LG Gießen die Sache an das LG Frankfurt zurückverwiesen worden, würden sich die weiteren Gebühren nach § 20 S. 2 richten, da dann der Instanzenzug gewechselt hätte (siehe Rdn 43).

 

Rz. 31

Die Gebühren richten sich auch dann nach § 21 Abs. 1, wenn nach der Verfahrensordnung an eine andere Kammer derselben Gerichtsbehörde zurückverwiesen werden kann (§ 354 Abs. 2, 1. Alt. StPO; § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO).

 

Beispiel: Auf die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Köln verweist der BGH gemäß § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO die Sache an den 17. Zivilsenat des OLG Köln zurück.

Auch hier wechselt der prozessuale Instanzenzug nicht, da gemäß § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO auch der weitere Senat zum prozessualen Rechtszug zählt.

 

Rz. 32

Dagegen will die Rechtsprechung § 21 Abs. 1 (früher: § 15 Abs. 1 S. 2 BRAGO) weder dann anwenden, wenn aufgrund des zwischenzeitlich geänderten Geschäftsverteilungsplans eine andere Kammer oder Abteilung oder ein anderer Senat zuständig geworden ist,[10] noch dann, wenn das Rechtsmittelgericht ausdrücklich anordnet, dass an einen anderen Senat, eine andere Kammer oder andere Abteilung desselben Gerichts zurückverwiesen wird.[11] Begründet wird dies damit, dass unter "Gericht" i.S.d. § 21 das Gericht als Justizbehörde zu verstehen sei und nicht als Spruchkörper. Diese Auslegung ist bedenklich, weil sie nach VV Vorb. 3 Abs. 6 zu einer Anrechnung der Verfahrensgebühr führt.[12] Die Verfahrensgebühr ist aber der Ausgleich für die Mehrarbeit des Anwalts, die ihm dadurch entsteht, dass das Gericht mit dem Prozessstoff nicht vertraut ist und der Anwalt daher mehr Mühe aufbringen muss, ihm den Prozessstoff nahe zu bringen. Dies wiederum spricht dafür, § 21 Abs. 1 auch dann anzuwenden, wenn nach Zurückverweisung ein anderer Spruchkörper derselben Gerichtsbehörde zuständig ist.[13]

[10] FG Berlin EFG 1983, 42; OLG Hamm OLGR 1995, 12.
[11] OLG Frankfurt JurBüro 1975, 473; LAG Rheinland-Pfalz AGS 2010, 163 m. abl. Anm. N. Schneider = ArbuR 2010, 178.
[12] Siehe hierzu Lappe in Anm. zu KostRsp. BRAGO § 15 Nr. 30, der diese Rspr. sogar für verfassungswidrig hält.
[13] Lappe in Anm. zu KostRsp. BRAGO § 15 Nr. 30.

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