Leitsatz

Sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsätzen widersprechende Teilungserklärungsregelung zur vorbehaltsweisen Ermächtigung des teilenden Eigentümers für die nachträgliche Begründung von Terrassensondernutzungsrechten an "Teilen der Gartenflächen"

 

Normenkette

§§ 10, 13 WEG

 

Kommentar

  1. Der teilende Eigentümer hatte sich in der Teilungserklärung"unwiderruflich" die Befugnis vorbehalten, im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen noch nachträglich "Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung zuzuordnen". Diese sich eingeräumte Ermächtigung sollte für das jeweilige Sondernutzungsrecht nach dessen Eintragung in das Grundbuch des begünstigten Wohnungs- bzw. Teileigentums erlöschen.
  2. In allen Instanzen wurde diese Vorbehaltsvereinbarung wegen Verstoßes gegen das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot für unwirksam gehalten, da jegliche Festlegungen zu Anzahl, Größe und Lage der zu begründenden Sondernutzungsrechte fehlten.
  3. Im Ausgangspunkt ist nach h.M. festzuhalten, dass sich ein teilender Eigentümer in der Teilungserklärung ermächtigen kann, bei Verkauf von Einheiten dem jeweiligen Erwerber ein Sondernutzungsrecht an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt näher zu bestimmen, sofern und solange der Begünstigte Eigentümer einer Einheit ist (vgl. BGH, Urteil v. 2.12.2011, NJW 2012 S. 676/677). Dies gilt nicht nur für die Ermächtigung, bereits bestehende Sondernutzungsrechte zu konkretisieren oder zu ändern, sondern auch für einen Vorbehalt einer solchen Rechtsbegründung eventuell auch zu späterem Zeitpunkt (BayObLG, DNotZ 2005 S. 390 sowie KG, ZMR 2007 S. 384/387). Allerdings muss ein solcher Vorbehalt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Dies gilt auch für ein als Inhalt des Sondereigentums nach § 10 Abs. 3 WEG in das Grundbuch einzutragendes Sondernutzungsrecht. Einer solchen verbindlichen Regelung steht es gleich, wenn die Eigentümer durch Teilungserklärung vom Mitgebrauch einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Fläche – sogleich oder aufschiebend bedingt – ausgeschlossen werden (negative Komponente des Sondernutzungsrechts) mit der Folge, dass ihre Mitwirkung auch bei späterer Zuweisung dann entbehrlich ist (h.M.).
  4. Auch eine solche vereinbarte Ermächtigung zur Begründung von Sondernutzungsrechten zu einem späteren Zeitpunkt muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen (vgl. u.a. Armbrüster, ZMR 2005, S. 244/245; Krause, NotBZ 2001, S. 433/439). Jedermann muss den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen können (BGH, Beschluss v. 28.4.2011, NJW 2011 S. 1958 und BGH v. 26.1.2006, NJW 2006 S. 1341). Dies gilt für den Inhalt des Sondereigentums entsprechend, da zu diesem Inhalt alle Regelungen der Teilungserklärung mit Vereinbarungscharakter gehören (h.M.) und damit auch solche Ermächtigungen. Da Sondernutzungsrechte nach Entstehen der werdenden Gemeinschaft grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung der Eigentümer begründet werden können, hat eine Regelung, mit der diese Kompetenz dem teilenden Eigentümer vorbehalten bleibt, Vereinbarungscharakter und gehört, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird, zum Inhalt des Sondereigentums.
  5. Vorliegend blieb allerdings die Frage offen, auf welche Flächen des Gemeinschaftseigentums sich die Befugnis beziehen sollte; diese sind weder aus einem Lageplan ersichtlich noch in anderer Form beschrieben. Dem Bestimmtheitsgrundsatz wäre nur dann Genüge geleistet, wenn zweifelsfrei feststünde, welche Teile des Gemeinschaftseigentums als Gartenflächen anzusehen sind. Ein bestimmter Inhalt der Ermächtigung lässt sich vorliegend auch nicht im Wege der Auslegung feststellen.
  6. Wurde etwa die Änderung der Teilungserklärung weder in das Grundbuch eingetragen noch mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Parteien vereinbart, fehlt es ohnehin im Verhältnis zu den Klägern von vornherein an einer Berechtigung des beklagten teilenden Eigentümers, Sondernutzungsrechte allein zu begründen. Auch bei anzunehmender und vorbehaltener Kompetenz einer solchen Ermächtigung für einzelne Eigentümer müssen Ausmaß und Umfang daraus folgender Belastungen für Eigentümer zweifelsfrei erkennbar sein (BGH v. 20.9.2000, BGHZ 145 S. 158/164; kritisch: Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 295 ff.).

    Der Bestimmtheitsgrundsatz soll insoweit gewährleisten, dass Inhalt und Umfang der Kompetenzübertragung zweifelsfrei feststehen, nicht aber die – einer gesonderten Prüfung vorbehaltenen – Inhaltskontrolle der Klausel ersetzen (hierzu BGH, Urteil v. 2.12.2011, NJW 2012 S. 676/677). Unerlässlich ist es aber, dass der Vorbehalt dem unbefangenen Betrachter eine klare Vorstellung davon vermittelt, welche Teile des Gemeinschaftseigentums durch einseitige Erklärung eines Berechtigten dem Mitgebrauch der Eigentümer (§ 13 Abs. 1 WEG) entzogen werden können.

  7. Auch der Begriff "Terrasse" (vgl. BGH, Urteil v. 8.7.2009, NJW 2009 S. 2880) eignet sich nicht dazu, den Umfang der Ermächtigung einzugrenzen, da es T...

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