Leitsatz

  1. Umstrittene Vollmachtserteilung des Verwalters an einen Rechtsanwalt zur Geltendmachung von Wohngeldforderungen namens der Gemeinschaft: Tatsachenermittlung von Amts wegen durch das Gericht zum angezweifelten Beschluss zur Verwalterbestellung
  2. Keine Aufrechnung gegenüber Wohngeldansprüchen mit von der Gemeinschaft bestrittenen Gegenforderungen
 

Normenkette

§§ 24 Abs. 6, 26 Abs. 1, 2 und 4 sowie 43, Abs. 1 Nr. 1 WEG; §§ 12, 13 Satz 3 FGG

 

Kommentar

  1. Wird die Vollmacht des Verwalters, zur Geltendmachung von Wohngeldforderungen namens der Gemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen, vom Schuldner mit dem Argument angezweifelt, dass der gefasste Beschluss zur Verwalterbestellung aus formellen wie materiellen Gründen unwirksam sei, hat der Tatrichter die dazu maßgeblichen Tatsachen nach § 12 FGGvon Amts wegen zu ermitteln. Durch die in § 13 Satz 3 FGG und § 26 Abs. 4 WEG vorgeschriebene Urkundenform ist er nicht gebunden.
  2. Inhaberin des Wohngeldanspruchs ist die Eigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband. Die Beauftragung des Rechtsanwalts durch die Verwaltung war unstrittig, zumal insoweit auch von einem Erfahrungssatz auszugehen war, dass ein Rechtsanwalt nicht ohne Vollmacht auftritt. Vorliegend war auch der Verwalter ordnungsgemäß durch Beschlussfassung bestellt, nachweisbar durch das Versammlungsprotokoll in der Form des § 26 Abs. 4 WEG. Öffentliche Beglaubigung der Protokollunterschriften gem. § 26 Abs. 4 WEG war nicht gefordert. Der Bestellungsbeschluss des Verwalters war unter keinerlei rechtlichem Gesichtspunkt nichtig. Erhobene Angriffe des Wohngeldschuldners hätten einer Anfechtung bedurft, die allerdings nicht erfolgte. Selbst ein Bestellungsbeschluss entgegen der gesetzlichen Regelung auf tatsächlich 6 Jahre Amtszeit (unabhängig davon, ob es sich hier nur um ein reines Schreibversehen handelte) führt nur zu einer Nichtigkeit eines Beschlusses hinsichtlich des übersteigenden Zeitraums/Beschlussteils, bleibt also im Übrigen (bezogen auf den gesetzlich vorgesehenen maximalen Zeitraum von 5 Jahren) gültig (vgl. § 139 BGB). Es ist nämlich anzunehmen, dass der Verwalter, der für einen längeren Zeitraum als 5 Jahre bestellt worden ist, wenigstens für den gesetzlich zulässigen Zeitraum von 5 Jahren bestellt sein soll (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle, § 26 Rn. 43). Auch andere Formangriffe gegen den Bestellungsbeschluss hätten einer Anfechtung bedurft, die vorliegend nicht erfolgte.
  3. Gegenüber Wohngeldforderungen kann auch nicht mit – bestrittenen – Gegenforderungen aufgerechnet werden. Nach h. M. kann nur mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen nach § 21 Abs. 2 WEG (Notmaßnahmen) oder Forderungen aus §§ 680, 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) aufgerechnet werden, es sei denn, die Gegenforderung ist anerkannt oder rechtskräftig festgestellt. Die Zahlungsfähigkeit einer Gemeinschaft darf nicht durch Auseinandersetzung über Gegenansprüche gefährdet werden. Gleiches gilt für behauptete Zurückbehaltungsrechte.

    Auch kann ein Wohngeldschuldner nicht durch Hinterlegung des Wohngelds von seiner Verbindlichkeit freigestellt werden. Unabhängig davon, ob er zu einer Hinterlegung überhaupt berechtigt wäre, scheitert dies bereits daran, dass es an einer ordnungsgemäßen Hinterlegung an einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle i. S. v. § 372 BGB fehlt.

  4. In diesem Verfahren ist auch ein Antrag auf Feststellung, dass die Bestellung der Verwaltung nichtig sei, schon deshalb unbegründet, weil er sich gegen die falsche (Gegen-)Antragsgegnerin richtet. Ein solcher Antrag müsste nämlich nicht gegen die Gemeinschaft, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer gestellt werden (BGH, NJW 2005, 2061, 2068; siehe auch Neumann, WuM 2006, 489, 491), weil Gegenstand der begehrten Feststellung die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft ist.
  5. Außergerichtliche Kostenerstattung zulasten des Wohngeldschuldners (auch in Abänderung der Kostenentscheidung des Erstbeschwerdegerichts).
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 08.03.2007, 34 Wx 002/07

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge