Rz. 986

Liegen die Voraussetzungen eines Insolvenzgrundes im Sinne der §§ 17, 19 InsO vor (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung), so ist der Vorstand gemäß §§ 86 Satz 1, 42 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.[1539] § 42 Abs. 2 BGB geht insofern § 15a InsO als lex specialis vor.[1540] Im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) kann der Vorstand den Insolvenzantrag ebenfalls stellen.

 

Rz. 987

Die Stiftung ist nicht zahlungsunfähig, solange sie ihre fälligen Verbindlichkeiten noch durch Rückgriff auf das Stiftungsvermögen erfüllen kann.[1541] Auch bei der Ermittlung der Überschuldungsbilanz ist das Grundstockvermögen als haftendes Kapital zu berücksichtigen.[1542] Eine Überschuldung kann allerdings eintreten, wenn die Stiftung nach ihrer Errichtung Verbindlichkeiten eingegangen ist, die Übertragung des Stiftungsvermögens jedoch erfolgreich von Dritten angefochten wird[1543] oder die Stiftung sich erheblichen Ansprüchen von Pflichtteilsberechtigten ausgesetzt sieht.

 

Rz. 988

Der Vorstand hat den Insolvenzantrag gemäß §§ 86 Satz 1, 42 Abs. 2 Satz 2 BGB ohne schuldhaftes Zögern zu stellen. Andernfalls haften die Vorstandsmitglieder den Gläubigern als Gesamtschuldner für den daraus entstehenden Schaden. Eine gesetzlich festgelegte Frist gibt es nicht; die 3-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO gilt nicht für Stiftungen.[1544] Die Stiftungsbehörde ist nach wohl h. M. zum Stellen des Insolvenzantrags weder berechtigt noch verpflichtet.[1545] Gläubiger der Stiftung können einen Insolvenzantrag nach § 14 InsO stellen. Destinatäre sind nur dann antragsberechtigt, wenn sie klagbare Ansprüche gegen die Stiftung haben.[1546]

 

Rz. 989

Soweit die zwingenden Insolvenzgründe der §§ 17, 19 InsO vorliegen, ist ein alternatives Vorgehen von Stiftungsorganen und Stiftungsbehörde ausgeschlossen.[1547] Im Vorfeld einer Insolvenz hat die Stiftungsbehörde allerdings die Möglichkeit und auch die Verpflichtung, den Stiftungsvorstand dazu anzuhalten, bei einer krisenhaften Entwicklung Gegenmaßnahmen zum Schutz des Stiftungsvermögens und der Existenz der Stiftung zu treffen, soweit sie von einer solchen Entwicklung rechtzeitig Kenntnis erhält.

[1539] Vgl. Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 708.
[1540] Hüttemann/Rawert, in Staudinger BGB, Rn. 49.
[1541] Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 783.
[1542] Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 786.
[1543] Vgl. Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 779.
[1544] Richter sieht die 3-Wochen-Grenze als Höchstfrist jedenfalls dann, wenn die Stiftung unternehmerisch tätig ist (in MüHB Gesellschaftsrecht V, § 116 Rn. 34).
[1545] Hüttemann/Rawert, in Staudinger BGB, § 86 Rn. 50; Reuter, in MüKo BGB, § 86 Rn. 27; a. A.: Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 800.
[1546] Vgl. Fritsche, in Werner/Saenger, Rn. 796.
[1547] Vgl. Fritsche, in Werner/Saegner, Rn. 708.

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