Rz. 630

Die Stiftung unterliegt der Aufsicht durch die Stiftungsbehörde. Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Landesrecht. Dabei kann die Aufsichtsbehörde von der Anerkennungsbehörde verschieden sein.[965]

 

Rz. 631

Spätestens nach den Diskussionen im Vorfeld der Modernisierung des (Bundes-)Stiftungsrechts im Jahr 2002 ist mittlerweile unstreitig, dass die Stiftungsaufsicht auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkt ist.[966] Unter keinen Umständen darf die Stiftungsaufsicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Stiftungsorgane setzen.[967] Soweit Landesstiftungsgesetze nach ihren Formulierungen Ermessensentscheidungen zulassen, sind diese restriktiv auszulegen,[968] ansonsten mit dem Bundesrecht nicht zu vereinbaren.

 

Rz. 632

Gegenstand der Rechtsaufsicht durch die Stiftungsbehörde sind Maßnahmen der Stiftungsorgane, die nicht mit der Stiftungssatzung, insbesondere dem Stiftungszweck, oder anderen stiftungsrechtlichen Vorschriften des Landes- oder Bundesrechts vereinbar sind.[969] Die Stiftungsaufsicht ist keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle des Handelns der Stiftungsorgane.[970] Insbesondere berechtigen Verstöße gegen das Gemeinnützigkeitsrecht die Stiftungsbehörde nur dann zum Einschreiten, wenn darin sogleich ein Verstoß gegen die entsprechenden Satzungsbestimmungen liegt. Dies dürfte allerdings zumeist der Fall sein. Im Übrigen ist die Stiftungsaufsicht darauf beschränkt, ggf. Ersatzansprüche der Stiftung gegen ihre rechtswidrig handelnden Organe durchzusetzen. Die Stiftungsaufsicht dient darüber hinaus nicht den Interessen Einzelner, sondern lediglich dem öffentlichen Interesse.[971]

 

Rz. 633

Stiftungen können sich gegenüber der Aufsicht wie andere juristische Personen des Privatrechts auch auf die Grundrechte berufen.[972]

 

Rz. 634

Aufsichtssystem und Befugnisse der Behörden sind derzeit in den Landesstiftungsgesetzen sehr unterschiedlich ausführlich und zum Teil auch mit Divergenzen in der Sache geregelt.[973]

 

Rz. 635

Die Instrumente der Aufsicht lassen sich in mehreren Gruppen zusammenfassen:[974]

  • Berichtspflichten, Informations- und Prüfungsrechte;
  • Befugnisse bezüglich einzelner Maßnahmen der Stiftungsorgane (Beanstandung, Aufhebung, Anordnung, Zwangsmittel);
  • Befugnisse bezüglich der Besetzung der Stiftungsorgane (Bestellung, Abberufung);
  • Bestellung besonderer Vertreter oder Sachwalter;
  • Mitwirkungspflicht bei einzelnen Maßnahmen (Genehmigung bzw. Nichtbeanstandung von Rechtsgeschäften, Satzungsänderungen);
  • Geltendmachung von Ansprüchen der Stiftung gegenüber den Organen bzw. Organmitgliedern.
 

Rz. 636

Für die Ausübung der Stiftungsaufsicht gelten die Maßstäbe der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.[975] Für die Maßnahmen der Aufsicht gilt das Landesverwaltungsverfahrensgesetz i. V. m. dem Landesstiftungsgesetz und ggf. den Vorschriften des BGB. Adressat von Aufsichtsmaßnahmen ist die Stiftung. Nur ausnahmsweise richten sich einzelne Verwaltungsakte an Organe insgesamt oder an einzelne Mitglieder. Für den Rechtsschutz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Nach einer Entscheidung des VGH Mannheim ist dabei zu beachten: Für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern von Stiftungsorganen ist vorrangig der Zivilrechtsweg gegeben. Kommt ein Vorstandsbeschluss unter Verletzung der Rechte eines Vorstandsmitglieds zustande, so kann dieses nicht die Genehmigung der Maßnahme (hier: Auflösungsbeschluss) durch die Stiftungsaufsicht abwarten und die Genehmigung dann im Verwaltungsrechtsweg angreifen.[976] Nach einer Entscheidung des OVG Berlin kommt jedoch ein Notklagerecht eines Überwachungsorgans der Stiftung gegen die Genehmigung einer vom Vorstand beschlossenen Satzungsänderung in Betracht, denn Art. 19 Abs. 4 GG erfordere die Möglichkeit, den rechtlich bedenklichen Konsens zwischen Stiftungsvorstand und Stiftungsbehörde gerichtlich überprüfen zu lassen.[977]

[965] Im Folgenden wird weiterhin einheitlich von der Stiftungsbehörde gesprochen. Übersicht mit Anschriften bei Richter, in MüHB Gesellschaftsrecht V, Anhang zu § 103.
[966] Wegweisend bereits BVerwGE 40, S. 347 ff. Vgl. Meyn/Gottschald, MüHB Gesellschaftsrecht V, § 105 Rn. 1.
[967] Hüttemann/Rawert, in Staudinger BGB, Vorbem. zu §§ 80 ff., Rn. 88; Neuhoff, in Soergel-BGB, Vor § 80, Rn. 82. Anders nur noch Andrick/Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, § 4 Rn. 14, die der Stiftungsaufsicht eine über die Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehende "betreuende Fürsorge" zusprechen, aufgrund derer die Stiftung mit Aufsichtsmitteln in eine "dem Stifterwillen und Stiftungszweck entsprechende Richtung" zu lenken sei. Kritik: So lange das Handeln der Organe (noch) mit dem Stiftungszweck vereinbar und damit rechtmäßig ist, kann die Behörde nicht besser als die Organe wissen, welche Verwirklichung des Stiftungszwecks dem Stifterwillen am nächsten kommt.
[968] Neuhoff, in Soergel-BGB, Vor § 80 Rn. 79.
[969] Kilian, Stiftung & Sponsoring 5/2002, Beilage Die Roten Seiten.
[970] Vgl. Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 218 f. m. w. N.
[971] OVG Lüneburg, Urteil v. 18.9.1984, NJ...

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