Leitsatz

Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus hat der Makler seinen Provisionsanspruch in dem Fall verwirkt, in dem ihm eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahe kommenden Weise leichtfertig, den Interessen des Auftraggebers zuwider begangen hat. Der Makler hat seinem Auftraggeber alle ihm bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände mitzuteilen, die sich auf den Geschäftsabschluss beziehen und für den Willensentschluss des Auftraggebers von Bedeutung sein können. Verletzt der Makler seine Aufklärungspflicht und ist die Pflichtverletzung für den Anfall der Provision ursächlich, hat der Makler den Auftraggeber nach dem Grundsatz der Naturalrestitution provisionsfrei zu stellen.

 

Fakten:

Die Maklerin hatte die letzten Endes von den Käufern erworbene Doppelhaushälfte als ein "sehr hochwertiges und hochwertig ausgestattetes Objekt" angeboten, das "sich in einem sehr guten und gepflegten Neubauzustand" befände. Nach dem Erwerb stellte sich allerdings heraus, dass das vermittelte Haus wegen einer schadhaften Isolierung mangelhaft ist. Aus diesem Grunde waren massive Feuchtigkeitserscheinungen im gesamten Haus vorhanden. Von diesem Gebäudemangel hatte die Maklerin indes vor der Vermittlung des Objekts Kenntnis. Denn ihre Angestellten hatten das Objekt zu einem früheren Zeitpunkt besichtigt. Während des Besuchs waren sie vom Hausmeister des Objekts auf die Feuchtigkeit hingewiesen worden. Die Provisionsklage, die die Maklerin gegen die Käufer anstrengte, war erfolglos.

Da die Maklerin den Käufern den Mangel allerdings nicht angezeigt hatte, ist ihr Courtageanspruch verwirkt. Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus nimmt die Rechtsprechung stets an, dass der Makler seinen Provisionsanspruch immer verwirkt, wenn ihm eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahe kommenden Weise leichtfertig den Interessen des Auffraggebers zuwiderlaufend begangen hat. Ein Makler kann jedenfalls keine Angaben im Exposé stehen lassen, mag der Verkäufer sie ihm gegenüber auch so gemacht haben, wenn sie sich mit seiner eigenen Wahrnehmung von wesentlichen Tatsachen am Gebäude nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Lässt er dennoch solche unzutreffenden Angaben unkommentiert, stellt sich dies als zumindest dem Vorsatz gleichstehend dar.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Urteil vom 03.07.2008, 11 U 22/08

Fazit:

Aufgrund ihrer Kenntnis von den Feuchtigkeitserscheinungen traf die Maklerin eine Aufklärungspflicht.

Es ist allgemein anerkannt, dass der Makler seinem Auftraggeber alle ihm bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände mitzuteilen hat, die sich auf den Geschäftsabschluss beziehen und für den Willensentschluss des Auftraggebers von Bedeutung sein können. Wie weit diese Pflicht reicht, bestimmt sich dabei immer nach den Umständen des konkreten Einzelfalls. Erkennt der Makler, dass Objektangaben unrichtig oder ungesichert sind, dann muss er den Auftraggeber darüber informieren. Verletzt der Makler seine Aufklärungspflicht und ist die Pflichtverletzung für den Anfall der Provision ursächlich, hat der Makler den Auftraggeber nach dem Grundsatz der so - genannten Naturalrestitution provisionsfrei zu stellen. Wer eine Au_ lärungspflicht verletzt hat, ist im Übrigen beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre. Da im vorliegenden Fall die Maklerin eine Aufklärungspflicht verletzt hat und damit die Vermutung besteht, dass die Käufer bei Erfüllung dieser Aufklärungspflicht das Objekt nicht erworben hätten, steht diesen ein Freihaltungsanspruch in Höhe des Courtageanspruchs zu, welchen sie der Maklerin entgegenhalten können.

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