Zentrale Norm der Aufgaben und Befugnisse des Verwalters ist § 27 WEG. Daneben regeln die Bestimmungen der §§ 24, 25 und 28 WEG weitere Verwalterpflichten. Zusätzliche Rechte und Pflichten des Verwalters können in der Gemeinschaftsordnung und selbstverständlich im Verwaltervertrag geregelt werden. Die gesetzlichen Rechte und Pflichten treffen den Verwalter unmittelbar mit seiner Bestellung. Ihre Ausübung ist nicht vom Bestehen eines Verwaltervertrags abhängig.

4.1 Maßnahmen untergeordneter Bedeutung

Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, eigenständig Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen. Diese konturenlose Pauschalermächtigung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Aufgaben des Verwalters, die dieser eigenständig treffen soll, jeweils von der Größe der verwalteten Gemeinschaft abhängt, was auch für die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen gilt.

4.1.1 Grundsätze

Da § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG den Verwalter ermächtigt, eigenständig Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, kann es sich dabei nur um erforderliche Maßnahmen handeln. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt wäre er ohne entsprechenden Ermächtigungsbeschluss berechtigt, eigenständig Maßnahmen zu treffen, die vielleicht durchaus sinnvoll, aber nicht erforderlich sind.

 
Praxis-Beispiel

Einfriedung des Grundstücks

Um potenziellen Risiken einer Haftung der Gemeinschaft wegen Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten vorzubeugen, gibt der Verwalter die Einfriedung des gemeinschaftlichen Grundstücks in Auftrag, sodass der Gefahr, dass Unbefugte dieses als Schleichweg bzw. Trampelpfad zur Abkürzung begehen können, vorgebeugt wird.

Ungeachtet dessen, dass in derartigen Fällen ohnehin nur eingeschränkte Verkehrssicherungspflichten bestehen,[1] stellt die Einfriedung eine bauliche Veränderung dar, die nicht im Sinn der Wohnungseigentümer liegen muss, auch wenn sie angesichts der Größe und dem Finanzvolumen der Gemeinschaft nicht zu einer erheblichen Verpflichtung führen würde. Eigenständig kann der Verwalter niemals Maßnahmen der baulichen Veränderung treffen, da diese gem. § 20 Abs. 1 WEG zwingend einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedürfen.

Die Fragen, was im Einzelnen (noch) von untergeordneter Bedeutung ist und wann eine unerhebliche Verpflichtung vorliegt, lassen sich nicht isoliert voneinander beantworten. Überdies hängt es von der Größe der zu verwaltenden Gemeinschaft ab.

 
Praxis-Beispiel

Fensteraustausch

Das Treppenhausfenster eines Altbaus ist aufwändig als mosaikartiges Farbstrukturelement gestaltet. Infolge Überalterung muss es erneuert werden. Der Verwalter erwägt einen kostengünstigen Austausch gegen ein einheitliches Milchglaselement.

Auch wenn der Austausch gegen ein einheitliches Glaselement ggf. angesichts des Finanzvolumens der Gemeinschaft nur mit einer unerheblichen Verpflichtung verbunden wäre, kann der Verwalter eine solche Maßnahme nicht auf Grundlage von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG in die Wege leiten. Gerade die ursprüngliche Ausführung der Fenstergestaltung steht insoweit einer Beurteilung als Maßnahme untergeordneter Bedeutung entgegen, da die individuelle Gestaltung des Fensters mit Blick auf die übrige Gestaltung des Gebäudes von größter Bedeutung für die Wohnungseigentümer sein kann und diese bestrebt sein können, ggf. sogar sehr viel Geld in die Hand zu nehmen, um die ursprüngliche Gestaltungsform wiederherzustellen.

Im Übrigen müssen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG kumulativ vorliegen. Die Maßnahme muss also von untergeordneter Bedeutung sein und darf nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Ist auch nur eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, darf der Verwalter nicht mehr eigenständig handeln, er hat dann eine Beschlussfassung herbeizuführen.

4.1.2 Untergeordnete Bedeutung

Es bedarf keiner Problematisierung, dass beispielsweise der Austausch defekter Leuchtmittel unabhängig von der Größe der zu verwaltenden Gemeinschaft stets eine Maßnahme untergeordneter Bedeutung darstellt. Entsprechendes gilt für den Fall, dass im Lauf der Heizperiode Heizöl nachzukaufen ist. Keiner der Wohnungseigentümer dürfte als Alternative ein Frieren oder die Anschaffung kostenaufwändiger Elektro-Heizsysteme für seine Einheit bevorzugen.

Im Übrigen wird man sich aber durchaus bezüglich der Beantwortung der Frage, welche Maßnahme noch von untergeordneter Bedeutung ist, an der Größe der jeweils verwalteten Gemeinschaft orientieren können.[1] In größeren Wohnanlagen dürfte man jedenfalls davon ausgehen können, dass der Verwalter im Zuge eines konsequenten Hausgeldinkassos auch zur Erhebung von Hausgeldklagen ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Nach diesseits vertretener Ansicht muss dies auch in kleineren Anlagen gelten, da hier Hausgeldausfälle wesentlich gravierendere Folgen habe...

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