Leitsatz

Eigenmächtige Überziehung des auf eigenen Namen geführten Gemeinschaftskontos und gegen den Beschlusswillen der Eigentümer ohne bestehende Notgeschäftsführungskompetenz erteilte und bezahlte Sanierungsaufträge (hier: von über 18.000 EUR gegenüber bisher im Beschluss mit von einem Architekten eingeschätzten Instandsetzungsaufwand von 4.000 EUR) berechtigten den Verwalter zu keinen Kosten- und Gebührenfreistellungen oder auch Erstattungsforderungen gegen die Gemeinschaft

 

Normenkette

§§ 670, 675, 677, 683 BGB; § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 3 WEG

 

Kommentar

  1. Zum Sachverhalt:

    Der klagende und zwischenzeitlich abberufene Verwalter hatte in eigenem Namen ein Bankkonto eingerichtet, über das er den Zahlungsverkehr für die Gemeinschaft abwickelte. In einer Versammlung 2007 beschloss die Gemeinschaft nach fachgutachtlicher Stellungnahme eine Sanierungsmaßnahme (teilweise Freilegung der Kelleraußenwand, Anbringung einer Feuchtigkeitssperrschicht und einer Wärmedämmung); dabei ging die Gemeinschaft von einem Kostenvolumen von 4.000 EUR aus. Im Rahmen der Instandsetzungsdurchführung erteilte der Verwalter allerdings weitere Aufträge und bezahlte Rechnungen von über 18.000 EUR, sodass sich auf "seinem" Konto ein erheblicher Negativsaldo ergab. Dieses klagte der Verwalter gegen die Gemeinschaft einschließlich Zinsen und Bankgebühren ein und forderte auch eine Sondervergütung unter Hinweis auf die Verwaltervertragsregelung von über 342 EUR für die Übernahme seiner Bauaufsicht.

    Während das Amtsgericht der Klage stattgab, verneinte das Berufungsgericht seine Rückforderung hinsichtlich des Konten-Debetsaldos einschließlich der von ihm geforderten Zinsen und Bankgebühren und wies seine Klage ab. Der BGH bestätigte nunmehr die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis.

  2. Aus den Gründen:

    2.1 Für die Anpassung eines klägerischen Freistellungsantrags und (teilweisen) Übergang zu einem Zahlungsantrag bedurfte es keiner Anschlussberufung nach § 524 ZPO. Dies folgt allerdings nicht aus § 533 ZPO, da diese Fristbestimmung nicht einschlägig ist, wenn von einem Freistellungs- zu einem Zahlungsanspruch übergegangen wird; insoweit stellt dies keine Klageänderung nach § 263 ZPO dar, sondern eine denselben Anspruch betreffende Erweiterung eines Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH, NJW 1994 S. 944, 945). Solche Änderungen sind zulässig, ohne dass es einer Anschlussberufung bedarf (vgl. BGH, NJW 2006 S. 669). Auch vorliegend hat der Kläger nach Antragserweiterung nicht mehr verlangt, als ihm erstinstanzlich zugesprochen wurde, weil der vom Amtsgericht noch zuerkannte Freistellungsanspruch auch die vom Kläger gezahlten Zinsen und Gebühren einschloss.
    2.2

    Allerdings blieb seine Forderung auf Freistellung der ihm verbliebenen Verbindlichkeiten gegenüber der Bank ohne Erfolg.

    Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB hätte vorausgesetzt, dass die Geschäftsbesorgung des Verwalters im Interesse der Gemeinschaft erfolgte, auch hinsichtlich seiner Befreiungsforderung von eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten (Aufwendungskredite); vgl. insoweit BGH, NJW-RR 2010 S. 333, 334 zu § 257 Satz 1 BGB. Für Kreditverbindlichkeiten kann grundsätzlich ein Verwalter nicht Aufwendungsersatz verlangen, auch wenn er Darlehen zur Finanzierung erforderlicher Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum aufgenommen hat (vgl. OLG Celle, NZM 2006 S. 633, 634; Elzer, NZM 2009, S. 57, 60). Nach Grundsätzen des § 27 Abs. 1 WEG besteht auch keine Befugnis des Verwalters zur Kreditaufnahme bei der Besorgung seiner Geschäfte; hierfür bedarf es vielmehr eines ermächtigenden oder genehmigenden Beschlusses der Eigentümer (vgl. BGH, NJW-RR 1993 S. 1227, 1228). Ein solcher Beschluss fehlte im vorliegenden Fall.

    Allerdings hat ein Verwalter Sanierungsbeschlüsse unverzüglich gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG durchzuführen und kann andernfalls schadensersatzpflichtig werden (h.M.). Was eine Finanzierung durch Kontokorrentkredit und etwaige Ersatzansprüche hierfür betrifft, muss vorliegend nicht zur Frage diskutiert werden, ob ein Verwalter eine Beschlussdurchführung dann verweigern kann, wenn ihm die Gemeinschaft nicht die entsprechenden Mittel als Vorschuss nach § 669 BGB bereitstellt (üblicherweise über die Rücklage oder eine gesondert zu beschließende Sonderumlage). Die Frage stellt sich dann nicht, wenn sich erst bei der Ausführung des Auftrags herausstellt, dass die für die Durchführung der beschlossenen Maßnahme vorhandenen Mittel unzureichend sind. Vorliegend durfte der klagende Verwalter keine weiteren Aufträge mit einem Kostenvolumen von über 18.000 EUR erteilen, da er an die bisherige Beschlussfassung der Gemeinschaft nach deren ihm bekannten Willen und Interesse gebunden war. Ein Verwalter kann selbst zur Erreichung eines Sanierungsziels nicht Aufträge in unbegrenzter Höhe vergeben, wenn in einem Beschluss auf Durchführung einer Instandsetzung weder bisher der Umfang der auszuführenden Maßnahmen bestimmt noch eine Kostenobergrenze festgelegt wurde. Vorliegend ergab sic...

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