Leitsatz

  1. Vertretungsbefugnis des WEG-Verwalters auch im Beschwerdeverfahren
  2. Auszahlung von Abrechnungsguthaben und Aufrechnungsbefugnis
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, 27 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG; § 387 BGB

 

Kommentar

  1. Soweit keine Interessenkollision vorliegt, kann der WEG-Verwalter die Eigentümergemeinschaft in gerichtlichen Verfahren umfassend vertreten. Es reicht regelmäßig, wenn die Wohnungseigentümer durch den Verwalter informiert werden und die Möglichkeit der Beteiligung am gerichtlichen Verfahren haben (vgl. insoweit auch BGH v. 25.9.2003, V ZB 21/03, ZMR 2003, 937 = NZM 2003, 952 in seinem "Kaltwasserzählerbeschluss").
  2. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen ist auf den Erkenntnisstand der beschließenden Wohnungseigentümergemeinschaft abzustellen. Spätere Erkenntnisse über die Angemessenheit der Verwaltungsmaßnahmen können weder eine ordnungsgemäße Maßnahme ordnungswidrig machen, noch eine zunächst ordnungswidrige Maßnahme ordnungsmäßig werden lassen.
  3. Die mit der Jahresabrechnung beschlossenen Aufrechnungsbefugnisse der Wohnungseigentümer hinsichtlich ihrer Abrechnungsguthaben müssen die Bestandskraft der Guthaben voraussetzen und dürfen sich nicht unbestimmt auf mehrere Jahresabrechnungen, Wirtschaftspläne und unbestimmt viele Sonderumlagen beziehen. Eine geltungserhaltende Reduktion von Eigentümerbeschlüssen durch das WEG-Gericht scheidet regelmäßig aus.

    Wohnungseigentümer haben im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung darüber zu befinden, ob Guthaben aus mehrheitlich beschlossenen Jahresabrechnungen ausgezahlt, mit laufenden Vorschüssen verrechnet werden oder wie Sonderumlagen zunächst bei den Verwaltungsvermögen verbleiben, bis sie etwa nach Aufbringung der erforderlichen Mittel ausgezahlt werden können. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (vgl. KG v. 29.3.1995, 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975). Vorstehende Entscheidung hat der Senat später dahin eingeschränkt, dass durch einen Eigentümerwechsel nicht der Haftungsverband zerrissen wird, vielmehr von der Einheit des Verwaltungsvermögens auszugehen ist und Aufrechnungen mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen oder solchen aus Notgeschäftsführung ohne Rücksicht auf den Haftungsverband zulässig sein können (vgl. KG v. 29.4.2003, 24 W 26/01, ZMR 2002, 699 = NZM 2002, 745 und KG v. 29.5.2002, 24 W 185/01, NZM 2003, 686 = ZMR 2002, 861).

  4. Vorliegend kann dahinstehen, ob die zu den angefochtenen Eigentümerbeschlüssen vorgesehenen Aufrechnungsmöglichkeiten deshalb Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, weil sie angesichts der gesamten Umstände, insbesondere der finanziellen Verhältnisse der Gemeinschaft rechtsmissbräuchlich erscheinen. Denn die Ordnungswidrigkeit ergibt sich hier bereits aus dem objektiven Inhalt der Aufrechnungsbefugnisse.
 

Link zur Entscheidung

KG v. 25.2.2004, 24 W 285/01KG Berlin, Beschluss vom 25.02.2004, 24 W 285/01

Anmerkung

Nach wie vor bin ich der Ansicht, dass eine Gemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung im Falle abgerechneter Einzelabrechnungs-Guthaben allenfalls über eine Auszahlungsfälligkeit und damit ggf. auch über eine Verrechnung mit laufenden Wohngeldvorschüssen entscheiden kann, wobei im Zweifel eine Rückzahlungsfälligkeit bereits mit dem Abrechnungsgenehmigungsbeschluss entstehen dürfte. Entgegen der Ansicht des KG halte ich eine Entscheidung, Guthaben wie Sonderumlagen zunächst beim Verwaltungsvermögen zu belassen, erfolgreich über Beschlussanfechtung angreifbar durch Eigentümer mit saldierten Guthabensansprüchen, selbst bei angeblichen Liquiditätsengpässen auf Gemeinschaftskonto. Eigentümer müssen hier nicht zinslos eine Gemeinschaft, auch nicht eine liquiditätsschwache, "kreditieren". Reicht das augenblickliche Gemeinschaftsvermögen nicht aus, abgerechnete Guthaben auszahlen zu können, muss nachfolgend m.E. unverzüglich entsprechende Sonderumlage errechnet und beschlossen werden, um den Innenausgleich des abgerechneten Geschäftsjahres so rasch wie möglich abzuschließen. Zu Recht kann insoweit auch nicht auf einen (schuldrechtlichen) Haftungsverband abgestellt werden.

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