Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung mit Ansprüchen aus Notgeschäftsführung. Wohnanlage

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein für eine Verwaltungsschuld gesamtschuldnerisch haftender Wohnungseigentümer durch die Aufrechnung des Außengläubigers gezwungen. Verwaltungsschulden der Gemeinschaft zu begleichen, liegt ein der Notgeschäftsführung vergleichbarer Tatbestand vor der den Wohnungseigentümer berechtigt, seinerseits gegen laufende monatliche Wohngeldvorschüsse aufzurechnen, ebenso wie der WEG-Verwalter die Verwaltungsschuld zu erfüllen gehabt hätte.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 1-2, 5; BGB § 389

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 27.04.2001; Aktenzeichen 85 T 384/00)

AG Berlin-Neukölln (Beschluss vom 25.09.2000; Aktenzeichen 70 II 117/00)

 

Tenor

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und in Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts Neukölln vom 25. September 2000 – 70 II 117/00 WEG – wird der Zahlungsantrag zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten aller drei Instanzen werden je zur Hälfte dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft und der Antragsgegnerin auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind in allen drei Instanzen nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 2.178,10 EUR (4.260,00 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin ist seit dem 8. Dezember 1999 eingetragene Eigentümerin der im Aufteilungsplan mit Nr. 17 bezeichneten Wohnung, auf die 22/1000 Miteigentumsanteile entfallen. Die übrigen Antragsteller, vertreten durch die Verwalterin, haben gegen die Antragsgegnerin Wohngeld für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 geltend gemacht. Die Eigentümer beschlossen in der Versammlung vom 4. August 1998 zu TOP 1:

„Die Gemeinschaft beschließt die Fortdauer des Wirtschaftsplanes 1997/1998 mit Gesamtkosten in Höhe von 184.770,00 DM und Einzelkosten gem. Anlage 1 (Zusammenstellung der jedem Eigentümer für seine Wohnung vorliegenden Einzelwirtschaftspläne) bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wird. Das Wohngeld ist jährlich am 05.01. in einer Summe im Voraus fällig. Es wird den Eigentümern jedoch nachgelassen, die Wohngelder in 12 gleichen Teilbeträgen jeweils zum 3. Werktag eines Monats im Voraus zu Händen der Verwaltung zu zahlen. Bei Rückstand von 2 Monatsteilbeträgen wird die Verwaltung beauftragt, die restliche Jahressumme im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. …”

Aus dem Einzelwirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 ergibt sich für die Wohnung Nr. 17 der Antragsgegnerin ein monatliches Wohngeld in Höhe von 355,00 DM; für das Wirtschaftsjahr 2000 also insgesamt 4.260,00 DM. Die Antragsschrift ist der Antragsgegnerin am 28. Juli 2000 zugestellt worden. Mit der Antragserwiderung erklärte die Antragsgegnerin die Aufrechnung mit einem erststelligen Teilbetrag der Ersatzvornahmekosten des Bezirksamts Neukölln u. a. für den Ankauf von Heizöl für die Wohnanlage. Mit Aufrechnungsschreiben vom 4. Mai 2000 erklärte das Finanzamt Reinickendorf gegenüber der Antragsgegnerin die Aufrechnung mit der Forderung des Bezirksamts Neukölln über 11.009,80 DM gegenüber einem Anspruch der Antragsgegnerin auf Rückerstattung von Einkommensteuer 1997. Das Amtsgericht Neukölln hat mit Beschluss vom 25. September 2000 die Aufrechnungsmöglichkeit verneint und die Antragsgegnerin antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27. April 2001 die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die frist- und formgerechte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Das Rechtsmittel führt zwar zur Bestätigung der Wohngeldverpflichtung, hat aber Erfolg wegen der bereits in erster Instanz erklärten Aufrechnung mit einem erststelligen Teilbetrag der Ersatzvornahmekosten des Bezirksamts Neukölln die zuvor vergeblich gegen den Verwalter geltend gemacht worden sind.

2. Zutreffend ist das Landgericht von der Verfahrensbefugnis der damaligen Verwalterin ausgegangen. Diese ergibt sich unmittelbar aus dem Eigentümerbeschluss vom 4. August 1998 zu TOP 1. Darin ist unter anderem die Verwalterin ermächtigt worden, rückständige Wohngelder geltend zu machen. Die durch gerichtliche Anordnung eingesetzte Notverwalterin ist jedenfalls in die Geldempfangsvollmacht eingetreten.

3. Zutreffend geht das Landgericht auch von der Passivlegitimation der Antragsgegnerin aus. Diese ist seit dem 8. Dezember 1999 im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Auch die am 6. Dezember 2000 angeordnete Zwangsverwaltung über die Wohnung berührt die Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht, denn die hier geltend gemachten Beträge sind bereits vor diesem Zeitpunkt fällig geworden.

4. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist am 4. August 1998 die Fortdauer des Wirtschaftsplans 1997/1998 mit Gesamtkosten in Höhe von 184.770,– DM und Einzelkosten gemäß Anlage 1 (Zusammenstellung der jedem Eigentümer für seine Wohnung vorliegenden Einzelwirtschaftsplän...

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