Leitsatz

Die Unterbrechung einer Versammlung für ein Mandantengespräch zwischen den von einer Anfechtungsklage betroffenen Wohnungseigentümern und ihrem Prozessbevollmächtigten entspricht nur bei Vorliegen besonderer Umstände ordnungsmäßiger Durchführung der Versammlung.

 

Normenkette

WEG § 24

 

Das Problem

  1. In der Versammlung vom 17. Juli 2013 wird ein Beschluss über die Wiederbestellung von Verwalter V gefasst. Dieser Beschluss wird auf die Anfechtungsklage des K hin von dem Amtsgericht für ungültig erklärt. V hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.
  2. Im März 2014 findet eine weitere Versammlung statt, in der unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4 eine Erörterung und gegebenenfalls Beschlussfassung über das weitere Vorgehen in dem Rechtsstreit wegen V's Bestellung sowie die Abstimmung über einen Antrag auf einen Zweitbeschluss zur Wiederbestellung des V vorgesehen ist. An der Versammlung nimmt auch K teil. Nachdem V als Versammlungsleiter über den Stand des gerichtlichen Verfahrens berichtet hat, ruft V den Prozessbevollmächtigten P, der – bis auf 2 Wohnungseigentümer – die übrigen Wohnungseigentümer in dem Anfechtungsverfahren vertritt, in den Versammlungsraum, damit P ein Mandantengespräch mit den anwesenden Eigentümern führen kann. P fordert K und die beiden Wohnungseigentümer, die er nicht vertritt, zum Verlassen des Versammlungsraums auf. Daraufhin unterbricht V die Versammlung und verlässt selbst den Saal. Auch K und die beiden anderen Wohnungseigentümer verlassen, allerdings unter Protest, den Saal. Später wird die Versammlung in Anwesenheit der zuvor aus dem Saal geschickten Eigentümer sowie des V fortgeführt und nach erneuter Diskussion V's Wiederbestellung beschlossen.
  3. Mit der Begründung, V's Wiederbestellung widerspreche wegen Fehlverhaltens in der Vergangenheit ordnungsmäßiger Verwaltung, greift K auch den Beschluss zu TOP 4 an. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Im Berufungsverfahren macht K aufgrund eines Hinweises des Landgerichts geltend, er sei zu Unrecht von der Versammlung ausgeschlossen worden. Das Landgericht weist ungeachtet dessen die Berufung zurück. Allerdings sei der Beschluss formell fehlerhaft. K's Mitwirkungsrechte und die Mitwirkungsrechte der beiden anderen Wohnungseigentümer seien in erheblicher Weise verletzt worden, weil sie vom Willensbildungsprozess zu TOP 4 – getarnt als Unterbrechung zum Zweck eines Mandantengesprächs – ausgeschlossen worden seien. Es sei nicht erkennbar, weshalb inmitten der Diskussion über V's Wiederbestellung ein gesondertes Mandantengespräch erforderlich gewesen sein sollte. Die formale Unterbrechung sei nicht mit einer fairen Versammlungsleitung vereinbar, da die Versammlung tatsächlich im exklusiven Kreis fortgesetzt und der Eindruck erweckt worden sei, V ließe die Wohnungseigentümer auf sich einschwören. Allerdings sei dieser Fehler nicht innerhalb der Anfechtungsfrist gerügt worden und könne daher nicht berücksichtigt werden. Die Wiederbestellung widerspreche im Übrigen nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die V in der Vergangenheit bei der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage unterlaufenen Fehler seien zwar von einigem Gewicht, ließen ihre Wiederbestellung aber nicht als unvertretbar erscheinen. Ein Nichtigkeitsgrund liege trotz des böswilligen Teilnahmeausschlusses nicht vor. Mit der Revision verfolgt K seinen Klageantrag weiter. Die Revision, deren Gegenstand nur die Unterbrechung der Versammlung ist, hat keinen Erfolg.
 

Die Entscheidung

Keine Nichtigkeit

  1. Der Beschluss sei nicht nichtig. Die während der Dauer der Unterbrechung der Versammlung geführte Unterredung der Wohnungseigentümer mit ihrem Prozessbevollmächtigten sei nicht als Teil der Versammlung zu qualifizieren. Durch den Ausschluss des K und zweier weiterer Wohnungseigentümer von diesem Gespräch seien diese daher nicht in ihrem Recht auf Teilnahme an der Versammlung beschnitten worden. Werde eine Versammlung vom Versammlungsleiter unterbrochen, seien die während der Unterbrechung geführten Unterredungen zwischen den Eigentümern untereinander oder mit einem externen Dritten nicht Bestandteil der Versammlung. Ein Ausschluss einzelner Wohnungseigentümer von einem während der Unterbrechung geführten Gespräch einer Gruppe von Wohnungseigentümern stelle daher keinen Ausschluss von der Versammlung dar.
  2. Unterredungen der Wohnungseigentümer während einer Unterbrechung seien auch dann nicht als Fortsetzung der Versammlung zu qualifizieren, wenn kein sachlicher Grund für eine Unterbrechung bestanden habe. Das Fehlen eines sachlichen Grundes für die Vornahme einer Unterbrechung könne zwar dazu führen, dass die Entscheidung über die Unterbrechung ermessensfehlerhaft sei, ändere aber nichts daran, dass während der Unterbrechung gerade keine Versammlung stattfinde. Ebenso wenig würden während der Unterbrechung geführte Gespräche der Wohnungseigentümer dadurch zu solchen der Versammlung, dass sie einen sachlichen Bezug zu den Themen der Versammlung aufwiesen, was nicht selten bei einer Unterbr...

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