Die Verkehrssicherungspflicht gilt zunächst für solche Wege, die nach dem Willen des Eigentümers für den öffentlichen Verkehr vorgesehen sind. Darüber hinaus muss der Eigentümer aber auch in einem gewissen Umfang für die Sicherheit sog. Schleichwege oder Trampelpfade einstehen, wenn er die Benutzung dieser Wege durch den öffentlichen Verkehr zugelassen und geduldet hat.[1] Dies gilt auch dann, wenn der betreffende Weg nicht vom Eigentümer geschaffen wurde, sondern durch ständiges Begehen oder Befahren entstanden ist. Ein Zulassen oder Dulden ist dann anzunehmen, wenn die Allgemeinheit davon ausgehen darf, dass das Benutzen des Weges nicht gegen den Willen des Eigentümers verstößt.

 
Praxis-Tipp

Benutzen des Schleichwegs verbieten

Will der Eigentümer seine Haftung für den Zustand des Weges ausschließen, muss er dessen Benutzung verbieten.

In einer kleineren Straße im reinen Wohngebiet darf der Verkehrssicherungspflichtige damit rechnen, dass die Fußgänger ihr Augenmerk auf die Straße richten.

 
Praxis-Beispiel

Keine Verkehrssicherungspflicht

  • Der Verkehrssicherungspflichtige hat es deshalb nicht zu verantworten, wenn morgens um 7 Uhr ein Passant stürzt, weil auf dem Bürgersteig nasses Laub liegt.[2]
  • Ebenso ist eine stellenweise 7 mm über dem Bodenniveau hochstehende Abdeckplatte im Eingangsbereich eines Postamts[3] oder
  • ein durchgebogener Gitterrost mit einem Niveauunterschied von 6 cm oder
  • eine Hauseingangstreppe mit unzulässigem Gefälle und dadurch bedingter Rutschgefahr bei Nässe[4] nicht verkehrsunsicher.
  • Auf einem baumbestandenen Parkplatz muss der Benutzer damit rechnen, dass Bodenunebenheiten und Verwerfungen vorhanden sind.[5]

Dagegen sind Lichtschachtabdeckungen durch besondere Vorkehrungen gegen ein Abheben durch Dritte zu sichern, wenn damit nach den Umständen gerechnet werden muss.[6]

 
Achtung

Baumbestand prüfen

Auf dem Grundstück stehende Bäume sind auf ihre Standfestigkeit und auf die Gefahr abbrechender Äste zu überprüfen.

Der Eigentümer ist nicht verpflichtet, diese Kontrolle einem Fachmann zu übertragen, sondern kann sie selbst durchführen oder einem vertrauenswürdigen Dritten übertragen. Dies gilt auch, wenn sich auf dem Grundstück sehr alte Bäume befinden. In der Regel genügt eine in angemessenen Abständen durchgeführte Sichtkontrolle.[7] Eine Untersuchung durch einen Fachmann ist nur erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen.

 
Praxis-Beispiel

Konkrete Gefährdung

Hierzu zählen: eine spärliche oder trockene Belaubung, dürre Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten, Pilzbefall oder eine überdurchschnittliche Menge an Totholz.[8]

Liegen Anhaltspunkte vor, dass ein Baum nicht mehr standsicher ist oder dass bei einem kranken Baum Äste abbrechen können, muss der Verkehrssicherungspflichtige die zur Schadensverhütung erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

Bei sog. Weichhölzern (z. B. Pappeln, Weiden, Kastanien, Götterbäume) ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch bei standfesten und gesunden Bäumen Äste und Zweige abbrechen, ohne dass hierfür ein besonderer Anlass besteht und ohne dass dies zuvor zu erkennen ist. Nach h. M. gelten auch für die "Gefahrenbäume" die allgemeinen Grundsätze mit der Folge, dass der Verkehrssicherungspflichtige nur tätig werden muss, wenn hierfür ein besonderer Anlass besteht.[9]

[2] LG Frankfurt, WuM 1994 S. 482.
[3] OLG Köln, VersR 1992 S. 630.
[4] OLG Zweibrücken, VersR 1994 S. 1487.
[5] OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995 S. 1114.
[9] BGH, Urteil v. 6.3.2014, III ZR 352/13, NJW 2014 S. 1588: Ein natürlicher Astbruch gehört "grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken".

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