Entscheidungsstichwort (Thema)

Ast beschädigt Pkw - unzureichende Baumkontrolle - Stadt haftet

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 19.03.2013; Aktenzeichen 25 O 302/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.3.2013 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG E abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.667,39 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.8.2012 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 489,45 EUR zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Auf die Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.

II. Die Berufung ist zulässig und begründet.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte i.H.v. 4.667,39 EUR gem. §§ 839 Abs. 1 S. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG, §§ 9, 9a StrWG NRW.

Die Beklagte hat eine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen, indem sie entgegen ihrer Verkehrssicherungspflicht den hier fraglichen Baum auf dem T-Platz in E auf Höhe der Hausnummer xx vor dem 24.5.2012 nicht hinreichend kontrolliert hat.

Die allgemeinen Anforderungen hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten sind in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt worden. Die Beklagte hat danach zur Abwehr der von Bäumen ausgehenden Gefahren die Maßnahmen zu treffen, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Windwurf erforderlich, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes der öffentlichen

Hand zumutbar sind. Dazu genügt in der Regel eine in angemessenen Abständen vorgenommene äußere Sichtprüfung, bezogen auf die Gesundheit des Baumes (OLG Hamm NJW-RR 2003, 968). Eine eingehende fachmännische Untersuchung ist nur dann vorzunehmen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die erfahrungsgemäß auf eine besondere Gefährdung hindeuten. Solche Anzeichen sind etwa eine spärliche oder trockene Belaubung, dürre Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall (BGH, VersR 1964, 334). Auch das Vorliegen eines Druckzwiesels, d.h. eines mehrstämmigen Baumstammes mit etwa gleichmäßigem Dickenwachstum der Stämme, bei dem der Druck der Teilstämme an sich gegeneinander gerichtet ist, stellt ein Stabilitätsrisiko dar (OLG Hamm NJW-RR 2003, 968).

Nach der Beweisaufnahme geht der Senat davon aus, dass die von der Beklagten behaupteten zweimal jährlich durchgeführten Sichtkontrollen nicht ausreichend waren, weil der fragliche Baum Anzeichen für eine besondere Gefährdung aufgewiesen hat, die eine intensivere Kontrolle insbesondere durch Einsatz eines Hubwagens erforderlich gemacht hätten. Der gerichtlich bestellte Sachverständige T hat sowohl in seinem Sachverständigengutachten vom 18.2.2014, als auch bei seinen weiteren Ausführungen in dem Senatstermin vom 13.8.2014 nachvollziehbar konkrete Anhaltspunkte dargestellt, aufgrund derer er zu der Auffassung gelangt sei, dass die Beklagte an diesem Baum intensivere Kontrollen hätte durchführen müssen. Diese Auffassung sei insbesondere an dem schlechten Standort und der mangelhaften Vitalität des Baumes festzumachen.

Hinsichtlich des Standortes hat der Sachverständige ausgeführt, dass dieser besonders ungünstig sei, weil sich der Baum direkt an einer Hausecke befinde. Er sei dort dem Wind besonders ausgeliefert. Insbesondere die in der Region häufigen Südwest- und Nordostwinde würden den Baum dort besonders treffen. Darüber hinaus stehe der Baum nah an einer Hauswand, was dazu geführt habe, dass die Krone des Baumes von der Hauswand weggeneigt und dadurch sehr kopflastig sei. Die Beastung des Baumes in der Baumkrone sei zudem sehr grob. Grobäste würden jedoch regelmäßig eine Gefahr darstellen. Des Weiteren habe er auch einen besonders langen Ast feststellen können, der über die Straße gereicht habe.

Hinsichtlich der mangelhaften Vitalität des Baumes hat der Sachverständige angegeben, dass er den Baum als mittelstark bis stark geschädigt einstufen würde. Dies sei insbesondere auf das geringe Dickenwachstum des Baumes von lediglich 2 cm in 20 Jahren zurückzuführen. Er habe darüber hinaus bei seiner Besichtigung des Baumes eine überdurchschnittliche Menge an Totholz festgestellt. Am Stammfuß befinde sich zudem ein alter Stammschaden, der im Baumkataster der Beklagten keinerlei Erwähnung finde, aber dringend kontrolliert werden müsse. Dieser Stammschaden führe ebenfalls zu einem verstärkten Vitalitätsverlust in diesem Bereich.

Die Ausführungen des Sachverständigen sind überzeugungskräftig, weil sie durchweg nachvollziehbar sind. Die Feststellungen sind zudem, soweit das möglich war, fotografisch dokumentiert. Stichhaltige Bedenken gegen die Begutachtung bringt auch die Beklagte nicht vor. Insbesondere steht der Überzeugungskraft der Ausführungen des Sachverständigen nicht die Aussage des Zeugen X entgegen. Auch wenn der Zeuge X ausgesagt hat, dass er die Vitalität des Baumes für besser einschätzen würde, als dies der Sachverständige getan habe, so hat der Zeuge do...

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