Die Verkehrssicherungspflicht trifft in erster Linie denjenigen, der ein Grundstück oder ein Gebäude anderen Personen zugänglich macht und somit einen "Verkehr" eröffnet. Er hat dann auch für einen verkehrssicheren Zustand zu sorgen. Sicherungsverpflichtet ist daneben grundsätzlich jeder, der in der Lage ist, über die Sache zu verfügen.

1.1.1 Wohnungseigentümergemeinschaft

Das Gemeinschaftseigentum ist Eigentum der Wohnungseigentümer in Form einer Bruchteilsgemeinschaft. Vom Grundsatz her sind also die Wohnungseigentümer zur Verkehrssicherung verpflichtet. Allerdings handelt es sich bei der Pflicht zu Verkehrssicherung um eine, die aus dem gemeinschaftlichen Eigentum resultiert und daher nach § 9a Abs. 2 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wahrgenommen wird. Da die Verkehrssicherungspflicht also eine den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich obliegende Verpflichtung darstellt und eng verbunden mit der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums dem Bereich der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums unterliegt, nimmt die Verkehrssicherungspflicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wahr.[1]

1.1.2 Dritte

Die der Gemeinschaft obliegende Verkehrssicherungspflicht kann auf einzelne Wohnungseigentümer oder Dritte übertragen werden.[1] Werden die Verkehrssicherungspflichten teilweise auf Dritte, z. B. auf Reinigungs- oder Grundstücksbetreuungsunternehmen übertragen, sind diese faktisch auch für die Verkehrssicherung verantwortlich. Denn in diese ursprünglich der Gemeinschaft obliegende Verkehrssicherungspflicht ist die beauftragte Person mit der Folge eingetreten, dass sie insoweit selbst verkehrssicherungspflichtig wird. Die Pflicht der ursprünglich allein verantwortlichen Eigentümergemeinschaft reduziert sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten[2]:

  • Das Drittunternehmen ist sorgfältig auszuwählen; ein Beschluss, den Winterdienst anstatt von Fremdfirmen durch die Einstellung von Minijobbern durchführen zu lassen, entspricht jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer über die damit verbundenen Risiken und Pflichten nicht hinreichend informiert waren.[3]
  • das Drittunternehmen ist zu überwachen, wobei eine stichprobenartige Kontrolle freilich genügt.[4]

Ist ein Verwalter bestellt, so obliegen ihm die Kontroll- und Überwachungspflichten auch ohne gesonderte Weisung der Wohnungseigentümer.

 

Vorsicht bei der Übertragung von Verkehrssicherungspflichten auf einzelne Eigentümer!

Sollen Verkehrssicherungspflichten in Form von Leistungspflichten auf einzelne Wohnungseigentümer übertragen werden, kann dies nur durch Vereinbarung erfolgen.[5] Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss wäre nichtig. Enthält die Gemeinschaftsordnung eine Öffnungsklausel, ist der Beschluss, der den Wohnungseigentümern Leistungspflichten auferlegt so lange schwebend unwirksam, bis der letzte belastete Wohnungseigentümer zustimmt.[6] Verweigert er seine Zustimmung, wird der Beschluss insgesamt unwirksam bzw. nichtig. Da der BGH[7] zwischenzeitlich das von ihm selbst geschaffene Rechtsinstitut des schwebend unwirksamen Beschlusses in Zweifel zieht, da es nach dem Wohnungseigentumsgesetz nur anfechtbare oder nichtige Beschlüsse gibt, ist eher von Beschlussnichtigkeit auszugehen. Allerdings ist dies noch nicht ausdrücklich klargestellt.

Was sollten Verwalter tun?

  • Verwalter sollten prüfen, ob Beschlüsse über bestimmte Regelungen in der Gemeinschaft existieren, nach denen z. B. die Räum- und Streupflicht den Wohnungseigentümern nach einem bestimmten Turnus im Wechsel obliegt.
  • Ist dies der Fall, sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer darauf aufmerksam machen, dass diese Beschlüsse nichtig sind. Die Aufklärung liegt im Interesse der Wohnungseigentümer, da sich einzelne Wohnungseigentümer jederzeit auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung hinsichtlich der Beschlussrichtigkeit berufen und den Winterdienst verweigern können. In einem solchen Fall ist die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet und der Gemeinschaft drohen negative Haftungsfolgen.
  • Der Verwalter sollte dann eine Beschlussfassung über die Fremdvergabe des Winterdienstes herbeiführen bzw. initiieren. Infrage kommen entweder die Auftragserweiterung eines schon bestehenden Hausmeisterdienstes oder eine Fremdvergabe. Im Fall der Auftragserweiterung sollte der Verwalter Rücksprache mit dem Hausmeister halten, ob dieser für den Winterdienst zur Verfügung steht und wenn ja, zu welchen Konditionen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass ein Beschluss, den Winterdienst anstatt von Fremdfirmen durch einen Minijobber durchführen zu lassen, jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wenn die Wohnungseigentümer über die damit verbundenen Risiken und Pflichten nicht hinreichend informiert waren.[8]
  • Im Fall der Fremdvergabe sollte der Verwalter nach Möglichkeit 3 Vergleichsangebote geeigneter Fachfirme...

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