Leitsatz

Leitsatz:

a) Auf einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen Um- und Rückbaukosten ist die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 558 BGB a. F. (jetzt § 548 BGB) analog anzuwenden, wenn es nicht wie vorgesehen zum Abschluss des Mietvertrags gekommen ist.

b) Hat in einem solchen Fall der potenzielle Vermieter noch den unmittelbaren Besitz an der Sache, beginnt die Verjährungsfrist bereits ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die Vertragsverhandlungen der Parteien ihr tatsächliches Ende gefunden haben. Das gilt auch dann, wenn zu diesem Zeitpunkt der Schaden noch nicht beziffert werden kann, da die Möglichkeit einer Feststellungsklage ausreicht, um die Verjährung zu unterbrechen (amtlicher Leitsatz des BGH).

 

Normenkette

BGB § 548

 

Kommentar

Ein Bauherr errichtete in den Jahren 1997 bis 2000 ein Geschäftshaus. Während der Bauzeit nahm der Bauherr Verhandlungen mit einem Mietinteressenten auf. Im Zuge dieser Verhandlungen kamen die Parteien überein, dass der Mietinteressent bestimmte Räumlichkeiten zu einer Monatsmiete von ca. 43.000 DM auf die Dauer von zehn Jahren anmieten sollte. Ein schriftlicher Mietvertrag wurde allerdings nicht abgeschlossen. Jedoch veranlasste der Bauherr in Erwartung des Vertragsschlusses, dass Teile des Gebäudes entsprechend den speziellen Wünschen und Vorstellungen des Mietinteressenten errichtet wurden. Zum Vertragsschluss kam es nicht. Der Bauherr hat hierzu vorgetragen, dass der Mietinteressent die Verhandlungen Ende September 1999 abgebrochen habe. Die vom Mietinteressenten gewünschte Gestaltung der Räumlichkeiten mussten rückgängig gemacht werden. Hierdurch sind dem Bauherrn Kosten in Höhe von über 200.000 DM entstanden. Im April 2001 hat der Bauherr Klage auf Schadensersatz wegen der Rückbaukosten erhoben.

Nach den Grundsätzen der Haftung aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen haftet der Mietinteressent für die Um- und Rückbaukosten, wenn der Vertragsschluss zwischen den Parteien als sicher anzunehmen war, der Bauherr die Umbauarbeiten im Vertrauen hierauf vorgenommen hat und die Verhandlungen sodann vom Mietinteressenten ohne zureichenden Grund abgebrochen worden sind.

Der BGH hat offen gelassen, ob diese Voraussetzungen gegeben sind. Der Anspruch sei jedenfalls verjährt:

Nach § 548 Abs. 1 S. 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Durch die Vorschrift soll eine rasche Auseinandersetzung der wechselseitigen Ansprüche der Mietvertragsparteien erreicht werden. Dieser Zweck rechtfertigt es, diese Regelung auch auf solche vorvertraglichen Verhältnisse anzuwenden, in denen es wegen des Abbruchs der Vertragsverhandlungen nicht zum Abschluss eines Mietvertrags gekommen ist. Deshalb verjähren auch Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen in der kurzen Frist des § 548 BGB. Es bedeutet hierbei keinen Unterschied, ob die Veränderung vom Mieter selbst oder auf dessen Wunsch vom Vermieter vorgenommen worden ist.

Nach § 548 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Sache zurückerhält. Vorliegend ist es weder zu einer Übergabe der Mietsache an den Mieter noch zu einer Rückgabe an den Vermieter gekommen. Dies spielt nach Ansicht des BGH aber keine Rolle. Entscheidend ist "nicht die Rückgabe der Mietsache durch den Mieter, sondern nur, dass der Vermieter in die Lage versetzt wird, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen und dass der Mieter mit Kenntnisnahme des Vermieters den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt, weil das Mietverhältnis sonst sein tatsächliches Ende nicht findet".

In dem zur Entscheidung stehenden Fall wurden die Vertragsverhandlungen im September 1999 abgebrochen. Die Klage wurde erst im April 2001 – also nach Eintritt der Verjährung – erhoben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 22.02.2006, XII ZR 48/03

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