Leitsatz

Eine sogenannte echte Verflechtung zwischen einem Makler und einer Partei des Hauptvertrags liegt nur vor, wenn sie den wirklichen gesellschaftsrechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht. War daher im Zeitpunkt des Hauptvertragsschlusses die Person, die als Komplementärin auch die Maklerfirma maßgeblich gesteuert und beeinflusst hatte, bereits aus der Makler-Kommanditgesellschaft ausgeschieden, ist ein Verflechtungstatbestand auch dann nicht mehr gegeben, wenn das Ausscheiden dieser Person aus der Gesellschaft noch nicht im Handelsregister eingetragen worden war.

 

Fakten:

Die Maklerfirma wurde vorliegend zunächst von einem Ehepaar in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaftgeführt. Die Ehefrau fungierte als Komplementärin und Geschäftsführerin. Zwei Monate nach dem Ausscheiden der Ehefrau aus der Kommanditgesellschaftschlossen die mittlerweile geschiedenen Eheleute einen Maklervertrag hinsichtlich des Erwerbs eines Grundstücks durch die geschiedene Gattin. Der notarielle Kaufvertrag wurde geschlossen, der Wechsel des Komplementärs wurde jedoch erst ein Jahr später in das Handelsregister eingetragen. Der geschiedene Ehegatte, mithin der neue Komplementär der Makler-KG, hatte vorinstanzlich vergeblich seinen Provisionsanspruch gegen seine Ex-Frau hinsichtlich der vertragsgemäß erbrachten Maklerleistung geltend gemacht. Die Vorinstanzen hatten den Provisionsanspruch wegen Bestehens einer gesellschaftsrechtlichen beziehungsweise wirtschaftlichen Verflechtung nicht anerkannt.

Der BGH indes ist hier anderer Auffassung. Zwar setzt jede Maklertätigkeit notwendigerweise das Zusammenwirken von drei Personen vor, nämlich der Parteien des Hauptvertrags und des Maklers. In der Rechtsprechung ist darüber hinaus anerkannt, dass es an dieser Voraussetzung fehlt, wenn der Hauptvertrag mit einer Person zustande kommt, mit der der Makler gesellschaftsrechtlich oder auf sonstige Weise verflochten ist, der Makler etwa an der Vertragsgegnerin des vermittelten oder nachgewiesenen Geschäfts wesentlich beteiligt ist oder sie beherrscht. Nichts anderes gilt, wenn wie vorliegend ein und dieselbe Person die Geschäftstätigkeit der Maklerfirma und des Vertragsgegners entscheidend steuern und beeinflussen kann. Allerdings war eine gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Maklerin und einer der Parteien des Hauptvertrags zum Zeitpunkt des Abschlusses des Maklervertrags nicht mehr gegeben. Kann demnach eine Verflechtung aufgrund der wirklichen Vertretungs- und Beteiligungsverhältnisse bei der Makler-Gesellschaftnicht mehr angenommen werden, liegt eine vertragsgemäße und taugliche Nachweistätigkeit dieser Gesellschaft als Maklerin vor, die den geltend gemachten Provisionsanspruch rechtfertigt. In seiner Funktion als persönlich haftender Gesellschafter hatte der geschiedene Ehegatte für die Kommanditgesellschaft den Maklervertrag geschlossen sowie die vereinbarte Maklertätigkeit ausgeübt, indem er letztlich seine geschiedene Ehefrau als potenzielle Käuferin nachgewiesen und dies zu einem Verkauf des Grundstücks geführt hat. Dieser Beurteilung kann die erst später vorgenommene beziehungsweise unterbliebene Eintragung und Bekanntmachung eintragungspflichtiger Tatsachen, nämlich der Austausch des Komplementärs und des einzigen Kommanditisten, im Handelsregister nicht mit Erfolg entgegenhalten werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 19.02.2009, III ZR 91/08

Fazit:

Die sogenannte Verflechtungsrechtsprechung verfolgt den Zweck, eine Gefährdung der dem Makler vom Auftraggeber übertragenen Wahrung seiner Interessen infolge der bei einer Verflechtung auf der Hand liegenden Interessenkollision zu verhindern. Die Annahme, ein Provisionsanspruch sei wegen Verflechtung nicht entstanden, erfordert deshalb das Vorliegen tatsächlicher Gegebenheiten, aus denen sich eine solche ergibt. Liegen diese dagegen objektiv nicht vor, ist eine Konstellation, die zu einer Interessenkollision durch gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftliche Bindungen und Abhängigkeiten führen kann, nicht abstrakt und theoretisch aus noch vorhandenen Eintragungen im Handelsregister abzuleiten. Eine Schutzbedürftigkeit des Maklerkunden besteht in einem solchen Fall ersichtlich nicht, eine Beeinträchtigung seiner Interessen allein dadurch ist nicht zu befürchten. Eine auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 HGB unterstellte, mit den wahren Verhältnissen nicht übereinstimmende Verflechtungssituation mit der Folge des Entfallens eines Provisionsanspruchs geht deshalb über den Umfang des mit dieser Rechtsprechung beabsichtigten Schutzes des Maklerkunden hinaus.

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