Rdn 5054

 

Literaturhinweise:

Beulke, Die Strafbarkeit des Verteidigers, 1989

ders., Die Vernehmung des Beschuldigten – einige Anmerkungen aus der Sicht der Prozeßwissenschaft, StV 1990, 180

ders., Originalbeweisstücke beim Strafverteidiger – eine risikoreiche Gratwanderung. StV 2019, 205

Bottke, Wahrheitspflicht des Verteidigers, ZStW 1984 (Band 96), 726

Brand, Das Spannungsverhältnis zwischen Wahrheits- und Verschwiegenheitspflicht, AnwBl. 2014, 286

Burhoff/Stephan, Strafvereitelung durch Strafverteidiger, 2008

Dahs, Die Wahrheitspflicht des Strafverteidigers, StraFo 2000, 181

Gercke, Grenzen zulässiger Strafverteidigung aus anwaltlicher Sicht, StV 2020, 201

Krekeler, Strafrechtliche Grenzen der Verteidigung, NStZ 1989, 146

Hammerstein, Verteidigung wider besseres Wissen?, NStZ 1997, 12 ff.

Miebach, Die Verteidigung des schweigenden Angeklagten, NStZ 2019, 318

Pauka, Mandantenwille und Verteidigung, StraFo 2019, 360

Welp, Der Verteidiger als Anwalt des Vertrauens, ZStW 1990, 894

s.a. die Hinw. bei → Verteidiger, Allgemeines, Teil V Rdn 4803, insbesondere bei → Verteidiger, Verschwiegenheitspflicht, Teil V Rdn 5001, und bei → Verteidiger, Verteidigerhandeln und Strafrecht, Teil V Rdn 5012.

 

Rdn 5055

1. Der Verteidiger unterliegt der Pflicht zur Wahrheit. Er darf Beweismittel, die die Wahrheit verfälschen, nicht verwenden. Umfang und Grenzen dieser Wahrheitspflicht sind in Rspr. und Lit. noch nicht abschließend geklärt. Hier können nur die Grundzüge dargestellt werden, zur Vertiefung wird verwiesen auf KK-Willnow, vor § 137 Rn 7 m.w.N., auf Dahs, Rn 46, auf Burhoff/Stephan, a.a.O., auf Gerke StraFo 2020, 201, 203 f., Pauka StraFo 2019, 360, 366, sowie auf die o.a. Lit.-Hinw. Mit der Wahrheitspflicht des Verteidigers bei einem sog. "internen Geständnis" befasst sich eingehend Hammerstein NStZ 1997, 12 ff. (zum Zivilrecht Brand AnwBl. 2014, 286).

2. Auf folgende Grundsätze ist hinzuweisen:

 

Rdn 5056

 

Verstoß gegen die Wahrheitspflicht:

Der Verteidiger hat kein Recht zur Lüge (BGH NStZ 1999, 181; OLG Düsseldorf StV 1998, 65; vgl. Dahs, Rn 46; ders. StraFo 2000, 183; Beulke StV 1990, 182; Bottke ZStW 1984, 726; grds. auch Gerke StraFo 2020, 201, 203 f., Pauka StraFo 219, 360, 366; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 137 Rn 2 m.w.N.; Krekeler NStZ 1989, 147).
Er hat grds. auch alle Maßnahmen zu unterlassen, deren Ziel die Behinderung der Rechtspflege ist, indem er etwa den Sachverhalt durch bewusst falschen Vortrag verdunkelt, den Vortrag seines Mandanten verfälscht (BVerfG NJW 1974, 1902; BGH NJW 2006, 2421) oder ihn veranlasst bzw. ihm hilft, die Unwahrheit zu sagen (BGH, a.a.O.; KK-Willnow, vor § 137 Rn 7).
Der Verteidiger darf sich der Erforschung der Wahrheit nicht mit unlauteren Mitteln hindernd in den Weg stellen (BGHSt 9, 20 ff.).
 

Rdn 5057

 

Kein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht:

Der Verteidiger darf alle Rechte (des Beschuldigten) wahrnehmen (KK-Willnow, vor § 137 Rn 7 m.w.N.; s. auch BGHSt 55, 36).
Er darf dem Beschuldigten empfehlen, sich nicht zur Sache einzulassen (KK-Willnow, a.a.O.; ­Krekeler NStZ 1989, 147; → Einlassung des Beschuldigten, Teil E Rdn 2017).
Er darf – auch, wenn er die Schuld seines Mandanten kennt – den (falschen) Freispruch anstreben (RGSt 66, 316, 325; BGHSt 2, 375, 377; 47, 68, 77; KK-Willnow, a.a.O., m.w.N.; Hammerstein NStZ 1997, 12 ff.; Dahs, Rn 77 ff. m.w.N.; BGHSt 46, 53), solange er sich dabei auf verfahrensrechtlich erlaubte Mittel beschränkt (→ Verteidiger, Verteidigerhandeln und Strafrecht, Teil V Rdn 5011).
 

☆ Der Verteidiger muss ihm zur Kenntnis gelangte belastende Umstände , die den Strafverfolgungsbehörden bislang unbekannt geblieben sind, nicht offenbaren . Wegen der → Verteidiger, Verschwiegenheitspflicht , Teil V Rdn  5000 , darf er nicht zur Überführung des Beschuldigten beitragen. Die Wahrheitspflicht gebietet nicht die Korrektur eines Irrtums der Justizbehörden zulasten des Mandanten ( Dahs StraFo 2000, 183; s.a. noch Gerke StraFo 2020, 201, 203 f., Pauka StraFo 219, 360, 366).belastende Umstände, die den Strafverfolgungsbehörden bislang unbekannt geblieben sind, nicht offenbaren. Wegen der → Verteidiger, Verschwiegenheitspflicht, Teil V Rdn 5000, darf er nicht zur Überführung des Beschuldigten beitragen. Die Wahrheitspflicht gebietet nicht die Korrektur eines Irrtums der Justizbehörden zulasten des Mandanten (Dahs StraFo 2000, 183; s.a. noch Gerke StraFo 2020, 201, 203 f., Pauka StraFo 219, 360, 366).

 

Rdn 5058

 

3. Hinweis für den Verteidiger!

Der Verteidiger muss den Mandanten, wenn dieser ihm anträgt, bei der Verteidigung zu unlauteren Mitteln zu greifen, darüber belehren, dass der Mandant als Beschuldigter zwar den Tatvorwurf leugnen und auch zu Lügen greifen darf, dem Verteidiger dies aber wegen der Wahrheitspflicht nicht gestattet ist (Bottke ZStW 1984, 756; Krekeler, a.a.O., s. auch Burhoff/Stephan, Rn 67 ff., dort auch weitere Ausführungen zum Umfang der unter Berücksichtigung der Wahrheitspflicht zulässigen Information und zur Beratung des Beschuldigten). Allein damit ...

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