Rz. 676

Die Zuständigkeit für die Bestellung der Geschäftsführer liegt von Gesetzes wegen in der nicht paritätisch mitbestimmten GmbH bei der Gesellschafterversammlung (§ 46 Ziff. 5 GmbHG) und in der mitbestimmten oder montanmitbestimmten GmbH zwingend beim Aufsichtsrat (vgl. §§ 31 MitbestG, 12 MontanMitbestG). Bei der dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) unterliegenden GmbH bleibt es für die Bestellung der Geschäftsführer bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung; § 84 AktG ist nicht anwendbar. Bei der nicht mitbestimmten GmbH und der dem DrittelbG unterliegenden GmbH kann der Gesellschaftsvertrag (vgl. § 45 Abs. 2 GmbHG) die Befugnis zur Bestellung der Geschäftsführer übertragen auf:

  • einen Beirat oder (fakultativen) Aufsichtsrat (dazu näher Rn. 914);
  • einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen/-stämme (und zwar nicht nur als Recht, Geschäftsführer zur Bestellung durch die Gesellschafterversammlung vorzuschlagen, sondern als Kompetenz zur unmittelbaren Bestellung);
  • außenstehende Dritte (z. B. Behörden, Kreditgeber, eine andere Konzerngesellschaft etc.) (str.).[1]

Das Korrektiv besteht in dem unentziehbaren Recht der Gesellschafterversammlung, Geschäftsführer aus wichtigem Grund abzuberufen.[2]

 

Kooptation nicht zulässig

Eine Bestellung durch den oder die vorhandenen Geschäftsführer (Kooptation eines weiteren Geschäftsführers) ist dagegen nicht zulässig.[3]

 

Rz. 677

Üblicherweise erfolgt bei Gründung die Bestellung des oder der ersten Geschäftsführer im Gründungsprotokoll. Möglich ist aber auch eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag selbst (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. GmbHG[4]) oder durch gesonderten Gesellschafterbeschluss (§§ 6 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt., 46 Nr. 5 GmbHG).

 

Rz. 678

Eine gerichtliche Bestellung des Geschäftsführers kommt analog § 29 BGB[5] nur in dringenden Ausnahmefällen in Betracht, wenn ein erforderliches Geschäftsführungsmitglied fehlt (Bestellung einer sog. "Notgeschäftsführung"). Die Voraussetzung dafür liegt immer dann vor, wenn eine Bestellung durch das eigentlich zuständige Organ nicht rechtzeitig erfolgen kann und ohne die alsbaldige Bestellung eines Notgeschäftsführers der Gesellschaft oder einem Beteiligten ein Schaden droht oder eine alsbald notwendige Handlung ohne einen solchen nicht vorgenommen werden kann.[6] Dieser Fall kann beispielsweise bei Tod oder dauerhafter Erkrankung eines Geschäftsführers, Widerruf der Bestellung oder Amtsniederlegung eintreten; auch eine rechtliche oder tatsächliche – nicht nur vorübergehende – Verhinderung genügt.[7] Das Merkmal der "Erforderlichkeit" ist gegeben, wenn entweder das einzige Geschäftsführungsmitglied weggefallen oder nur noch ein Geschäftsführungsmitglied vorhanden ist, obwohl das Gesetz (§ 33 Abs. 1 Satz 1 MitbestG; § 13 Abs. 1 MontanMitbestG, § 13 MontanMitbestErgG) oder der Gesellschaftsvertrag zwei oder mehr Geschäftsführungsmitglieder vorsieht. In diesen Fällen kommt es für die "Erforderlichkeit" nicht nur auf die Vertretung nach außen an (diese ist bei Vorhandensein auch nur eines Geschäftsführungsmitglieds regelmäßig gegeben[8]), sondern auch darauf, dass eine nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag ausreichende (über einen Geschäftsführer hinausgehende) Zahl von Geschäftsführungsmitgliedern für solche dringlichen/fristgebundenen Maßnahmen vorhanden ist, bei denen die Geschäftsführung als Kollegialorgan tätig werden muss (z. B. Aufstellung des Jahresabschlusses).[9]

Den Antrag auf Bestellung eines fehlenden Geschäftsführungsmitglieds durch das Gericht kann jeder stellen, der ein schutzwürdiges Interesse hieran hat. Antragsberechtigt können danach Gesellschafter, Gläubiger, Arbeitnehmer, der Betriebsrat sowie ein Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratsmitglied sein.[10]

Für die Bestellung ist das Amtsgericht des statutarischen Sitzes der Gesellschaft zuständig.[11] Das Amt des gerichtlich bestellten Geschäftsführungsmitglieds erlischt von Rechts wegen (also automatisch), sobald das zuständige Organ das erforderliche Geschäftsführungsmitglied bestellt hat. Bis dahin hat der gerichtlich bestellte Geschäftsführer die vollen Rechte und Pflichten eines Geschäftsführungsmitglieds.

[1] Str. Wie hier: Goette, in MüKo-GmbHG, § 6 Rn. 61; Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 31.
[3] Str. Wie hier: Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 7; Stephan/Tieves, in MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 41; a. A. Lenz, in Michalski, § 35 Rn. 15; Karsten Schmidt, in Scholz, § 46 Rn. 72.
[4] Empfehlenswert ist dies allerdings nur, falls bestimmten Gesellschaftern das Sonderrecht, zu Geschäftsführern bestellt zu werden, eingeräumt werden soll; in allen anderen Fällen weist der Gesellschaftsvertrag bei jedem Geschäftsführerwechsel dann, wenn nicht gleichzeitig auch der Gesellschaftsvertrag geändert wird, den "falschen" Geschäftsführer aus.
[6] Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 32.
[7] Zöllner/Noack, in...

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