1 Die Geschäftsführung

1.1 Begriff und Aufgaben – Überblick

 

Rz. 669

Die Geschäftsführung ist das Organ, das in der GmbH mit der Führung der Geschäfte und der Vertretung (§ 35 GmbHG) der Gesellschaft betraut ist.[1]

 

Rz. 670

Die Führung der Geschäfte umfasst die Leitung und Überwachung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter und die Verantwortung für alle "zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Entscheidungen".[2] Dieser Grundsatz erfährt in dreierlei Hinsicht Einschränkungen:

 

Gesellschaftsvertrag

Eine erste Grenze für die Geschäftsführungsbefugnis bildet der im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft festgeschriebene Unternehmensgegenstand. Betreiben die Geschäftsführer ohne zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung Geschäfte, die vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckt sind, handeln sie pflichtwidrig und haften für dadurch verursachte Schäden.[3]

 

Rz. 671

Erlaubt sind jedoch Hilfsgeschäfte zur Förderung des eigentlichen Unternehmensgegenstandes; dies wird häufig auch ausdrücklich in dem Gesellschaftsvertrag klargestellt.[4] Schwierig ist oft die Abgrenzung, was noch Hilfsgeschäft ist und was nicht mehr. Im Zweifelsfall ist den Geschäftsführern zu raten, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen (vgl. Rn. 711 ff.).

 

Gesellschafterversammlung

Eine weitere Einschränkung für die Geschäftsführung ergibt sich daraus, dass bei der GmbH die Gesellschafterversammlung (und nicht die Geschäftsführung) oberstes Willensbildungsorgan ist. Aufgrund dieser Funktion kann die Gesellschafterversammlung erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben und insbesondere den Geschäftsführern Weisungen erteilen.[5]

 

Rz. 672

Zum Dritten umfasst die (eigenverantwortliche) Geschäftsführungsbefugnis nur die Führung "gewöhnlicher" Geschäfte, nicht jedoch darüber hinausgehende "außergewöhnliche" Geschäfte (str.). Dazu näher Rn. 711 ff.

 

Rz. 673

Die Vertretung hingegen erfasst die rechtsgeschäftliche Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Mitarbeitern und nach außen und ist insbesondere für die Beurteilung der Wirksamkeit von Willenserklärungen aber auch für die (passive und aktive) Prozessführungsbefugnis sowie für die Befugnis zur Abgabe von Handelsregisteranmeldungen, Steuererklärungen etc. maßgeblich. Dazu näher Rn. 725 ff.

[1] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 3.
[2] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 29.
[3] BGH, Urteil v. 15.1.2013, II ZR 90/11, NZG 2013 S. 293, 294; Stephan/Tieves, in MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 53; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 30.
[4] Vgl. Muster 1.2 (Gesellschaftsvertrag), dort Ziff. 2.2.
[5] Näher hierzu siehe Rn. 706 f.

1.2 Doppelstellung der Geschäftsführungsmitglieder

 

Rz. 674

Die Geschäftsführung ist Organ[1]; Geschäftsführungsmitglieder sind Organmitglieder und (häufig/fakultativ) Angestellte der GmbH. Organschaft einerseits und Anstellungsverhältnis andererseits sind zwei verschiedene Rechtsverhältnisse, die ein unterschiedliches Schicksal haben können[2] (Trennungstheorie). Zwingend ist diese Doppelstellung nicht: Auf ein Anstellungsverhältnis (Dienstvertrag) kann verzichtet werden, was insbesondere dann naheliegt, wenn es sich bei der GmbH um eine Konzerngesellschaft handelt, deren Geschäftsführer gleichzeitig (oder gar in erster Linie) leitender Angestellter oder Organmitglied einer anderen Konzerngesellschaft ist.[3]

 

Rz. 675

Auch wenn Organbestellung und -anstellung zwei verschiedene Rechtsverhältnisse begründen, bestehen tatsächlich und rechtlich vielfältige Verknüpfungen, die erhebliche Auswirkungen aufeinander haben:[4] So wird die grundlose Abberufung als Organ i. d. R. für den Geschäftsführer einen wichtigen Grund für die Kündigung seines Dienstvertrages darstellen.[5] Vielfach wird auch vereinbart, dass die Abberufung des Geschäftsführers als Organ auch den Dienstvertrag (vorzeitig) beendet.[6] Zur Zulässigkeit und rechtssicheren Ausgestaltung derartiger "Koppelungsklauseln": siehe Rn. 783 ff.

[1] Zu dem Begriff "Organ" siehe Rn. 896.
[2] BGH, Urteil v. 14.11.1983, II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 52; ausführlich Baumann, in Oppenländer/Trölitzsch, § 13 Rn. 1 ff.
[3] Zur Drittanstellung in Konzernen vgl. Jaeger/Steinbrück, in MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 253.
[5] Jaeger/Steinbrück, in MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 421.
[6] BGH, Urteil v. 21.6.1999, II ZR 27/98, GmbHR 1999 S. 1140 ff. Formulierungsvorschlag siehe Rn. 804.

1.3 Bestellung der Geschäftsführung

1.3.1 Zuständigkeit für die Bestellung

 

Rz. 676

Die Zuständigkeit für die Bestellung der Geschäftsführer liegt von Gesetzes wegen in der nicht paritätisch mitbestimmten GmbH bei der Gesellschafterversammlung (§ 46 Ziff. 5 GmbHG) und in der mitbestimmten oder montanmitbestimmten GmbH zwingend beim Aufsichtsrat (vgl. §§ 31 MitbestG, 12 MontanMitbestG). Bei der dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) unterliegenden GmbH bleibt es für die Bestellung der Geschäftsführer bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung; § 84 AktG ist nicht anwendbar. Bei der nicht mitbestimmten GmbH und der dem DrittelbG unterliegenden GmbH kann der Gesellschaftsvertrag (vgl. § 45 Abs. 2 GmbHG) die Befugnis ...

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