Rz. 768

a. Klageverfahren

Hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen die Abberufung muss danach differenziert werden, ob das abberufene Geschäftsführungsmitglied ein Gesellschafter-Geschäftsführer (ggf. mit mitgliedschaftlichem Sonderrecht auf die Geschäftsführung) oder ein Fremdgeschäftsführer ist:

 

Rz. 769

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer wird regelmäßig gerichtlich gegen seine Abberufung vorgehen können. Eine Ungültigerklärung des Abberufungsbeschlusses im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage kommt für ihn dann in Betracht, wenn die Abberufung durch einen Gesellschafterbeschluss erfolgte und dieser förmlich festgestellt wurde. Die förmliche Beschlussfeststellung kann durch den Versammlungsleiter oder durch eine nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags erfolgte Protokollierung geschehen.[1] Liegt keine Beschlussfeststellung vor oder erfolgte die Abberufung durch ein anderes hierfür zuständiges Organ[2], kann der Gesellschafter-Geschäftsführer mittels Feststellungsklage gegen die Entscheidung vorgehen. Ist ein zugrundeliegender Abberufungsbeschluss der Gesellschafterversammlung nichtig, wird dieser gar nicht erst wirksam; liegt hingegen nur Anfechtbarkeit vor, so ist der Beschluss wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist.[3] Nichtigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein mitgliedschaftliches Sonderrecht auf die Geschäftsführung eingeräumt wurde und weder ein wichtiger Grund für dessen Abberufung noch dessen Zustimmung vorliegt.[4]

 

Rz. 770

Das zuvor Gesagte gilt entsprechend für andere Gesellschafter (also Mit-Gesellschafter des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers oder Gesellschafter, die gegen die Abberufung eines Fremdgeschäftsführers vorgehen wollen.)

 

Feststellungsklage des Fremgeschäftsführers

Ein Fremdgeschäftsführer kann nicht im Wege der Anfechtungsklage gegen einen ihn abberufenden, förmlich festgestellten Beschluss vorgehen, da er seinerseits keine Anfechtungsbefugnis besitzt. Allerdings kann er dann, wenn Gründe für die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses bestehen, gegen seine Abberufung im Wege der Feststellungsklage vorgehen, da die Nichtigkeit den Beschluss ipso iure nicht wirksam werden lässt, sodass der Fremdgeschäftsführer bei der Möglichkeit des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen einen Anspruch darauf haben muss, feststellen zu lassen, ob er noch im Amt des Geschäftsführers ist oder nicht.[5]

b. Einstweiliger Rechtsschutz

 

Rz. 771

Für die paritätisch mitbestimmte GmbH verbietet § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, auf den § 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG verweist, die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats dann, wenn über das Vorliegen eines wichtigen Grundes gestritten wird. Einstweiliger Rechtsschutz ist dagegen nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen auch in der paritätisch mitbestimmten GmbH dann möglich, wenn die Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses auf andere Gründe gestützt wird, z. B. auf einen formell unwirksamen Aufsichtsratsbeschluss.[6]

 

Rz. 772

Ob und unter welchen Voraussetzungen bei der nicht paritätisch mitbestimmten GmbH gegen Abberufungsbeschlüsse im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangen werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Im Kernpunkt dreht sich die Diskussion um die Frage, ob und ggf. in welchen Fällen § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, wonach der Widerruf der Bestellung eines Vorstandes wirksam ist, bis die Unwirksamkeit des Widerrufs rechtskräftig festgestellt ist, analog Anwendung findet. Differenziert wird zwischen folgenden Fällen:

 

Rz. 773

Die wohl h. M. lehnt für die nicht paritätisch mitbestimmte GmbH die analoge Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG jedenfalls dann ab, wenn an der Gesellschaft nur zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind (sog. zweigliedrige GmbH), einer von ihnen oder beide zu Geschäftsführern bestellt sind und der Widerruf der Bestellung nicht einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen ist.[7] Dies wird von einem Teil der Literatur auf zweigliedrige GmbHs, an denen die beiden Gesellschafter unterschiedlich hoch beteiligt sind, und darüber hinaus auch auf "personalistisch" strukturierte GmbHs ausgedehnt.[8]

 

Rz. 774

In allen anderen Fällen bejaht die h. M.[9] die analoge Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG für die nicht paritätisch mitbestimmte GmbH und gewährt einstweiligen Rechtsschutz nur dann, wenn der Abberufungsbeschluss nichtig (und nicht nur anfechtbar) ist. Letzteres soll auch dann der Fall sein, wenn einem Gesellschafter ein Sonderrecht auf die Geschäftsführung zusteht, ein wichtiger Grund für die Abberufung aber nicht besteht.[10]

 

Rz. 775

Steht die Abberufung durch die Gesellschafterversammlung bevor, so kann eine einstweilige Verfügung nur dann erlassen werden, wenn der Antragsteller bereits vor Beschlussfassung einen Verfügungsanspruch hat, er somit im Besitz vorläufiger Interessen ist, die es auf diesem Wege zu schützen gilt, und wenn ohne die Gewährung einstweiligen Rec...

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