Leitsatz

Kosten einer Unterrichtung der übrigen Eigentümer durch obsiegenden Beklagten im Beschlussanfechtungsverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Beschlussanfechtung die Rechtsstellung des Verwalters betrifft

 

Normenkette

§§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 46 Abs. 1 WEG; §§ 91 Abs. 1, 92 ZPO

 

Kommentar

  1. Die Erstattung der Kosten für die Unterrichtung der Mitglieder großer Wohnungseigentümergemeinschaften über einen Rechtsstreit der Gemeinschaft wird bislang abgelehnt (vgl. OLG Koblenz, NJW 2005, 3789; LG Hannover, NJW-RR 1998, 303). Hier ist die Unterrichtung des Verwalters ausreichend; wie dieser die Eigentümer informiert, bleibt ihm überlassen. Die Zustellung einer Klage an die Mitglieder einer Gemeinschaft erfolgt hier durch Zustellung an den Verwalter über dessen entsprechende Zustellungsvollmacht nach § 27 Abs. 2 und 3 WEG a. F. Wie hier der Verwalter Eigentümer informiert, ist seine Sache (BGHZ 78, 166, 173).
  2. Die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft ändert daran nichts. Für den Verband handelt die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter. Die Unterrichtung der Verbandsmitglieder ist aus dieser Perspektive eine interne Angelegenheit, sodass eine Erstattung derartiger, durch die interne Organisation verursachter Kosten – wie auch bei staatlichen Stellen – abgelehnt wird. Kosten einer internen Kommunikation sind hier nicht auf den unterlegenen Prozessgegner im Erstattungswege abzuwälzen.
  3. Im vorliegenden Verfahren ging es allerdings nicht um einen solchen Verbandsprozess, sondern um eine Beschlussanfechtung, d.h. die Anfechtung eines Negativbeschlusses, mit dem ein Antrag auf Abberufung des Verwalters zurückgewiesen wurde. Ein solcher Individualprozess ist hier jedoch einem Verbandsprozess gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angenähert. Hier ist die Klage ebenfalls nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verwalter zuzustellen, der nach § 45 Abs. 1 WEG für die Wohnungseigentümer zustellungsbevollmächtigt ist. Der Verwalter ist nach Maßgabe von § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG berechtigt, Eigentümer in einem Rechtsstreit zu vertreten oder anwaltlich vertreten zu lassen (vgl. Merle in B/P/M, WEG, 10. Aufl., § 27 Rn. 118, 121). Diese Ähnlichkeit in der technischen Abwicklung spricht dafür, die Unterrichtung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter auch im Fall einer Beschlussanfechtung als interne Angelegenheit der Gemeinschaft anzusehen, deren Kosten nicht auf den unterlegenen Anfechtungskläger abgewälzt werden können. Dies entspricht im Ergebnis auch der Intention des Gesetzgebers. Dieser hat die Zustellungsbevollmächtigung des Verwalters u. a. vorgesehen, um die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Kosten gering zu halten (Entwurfsbegründung in BTDrucks. 16/887 S. 36). Die Information kann hier in der Gemeinschaft auch kostensparend ausgestaltet werden. Diese Gleichstellung mit dem Verbandsprozess gilt jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümer den Anfechtungsprozess verbandsähnlich führen und – wie hier – von ihrer Möglichkeit, den Prozess selbst zu führen, keinen Gebrauch machen.
  4. Der Verwalter ist nun nach § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG verpflichtet, die Eigentümer darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gem. § 43 WEG anhängig ist. Nach § 45 Abs. 1 WEG ist der Verwalter jedoch nicht Zustellungsbevollmächtigter, wenn er als Gegner der Eigentümer am Verfahren beteiligt ist oder wenn aufgrund des Streitgegenstands die Gefahr besteht, er werde die Eigentümer nicht sachgerecht unterrichten. Bezogen auf die Klagezustellung ist eine Unterrichtung dann nicht mehr eine interne Angelegenheit der Gemeinschaft. Kosten einer Unterrichtung können dann in solchen individuellen Rechtsstreitigkeiten auch im Obsiegensfall nicht den Wohnungseigentümern intern angelastet werden; vielmehr sind diese Kosten notwendig, um überhaupt die Zustellung der Anfechtungsklage an den Verwalter zu ermöglichen.

    Auch vorliegend ging es um die Sicherstellung einer Unterrichtung der Eigentümer im Sinne der Notwendigkeit nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sodass in diesem Ausnahmefall die Kosten für die Unterrichtung der Eigentümer über die Erhebung der Klage dem Grunde nach erstattungsfähig sind. Anders liegt es dagegen bei den Kosten der Unterrichtung über den Ausgang des Verfahrens; diese sind schon dem Grunde nach nicht erstattungsfähig, weil die Eigentümer den Rechtsstreit wie einen Verbandsprozess geführt haben.

  5. Um die Eigentümer über den Anfechtungsstreit sachgerecht zu unterrichten, war es nötig, ihnen die Klageschrift und die Klagebegründung mit einem Anschreiben zuzuleiten, welche sie auch über die Ladung zum Termin unterrichtete. Damit waren diese abgerechneten Briefsendungen nebst Porto und Kopien erforderlich, allerdings ohne die Übersendung umfangreicher Anlagen. Auch der Zeitaufwand für das Zusammenstellen und das Absenden der Briefsendungen an die Wohnungseigentümer gehört nach Aufwand zu den Aufgaben des Verwalters und kann jedenfalls nicht auf einen unterlegenen Prozessgegner abgewälzt werden.
 

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