Rz. 54

Grundsätzlich muss der Gesellschaftsvertrag gem. § 3:95 Abs. 2 Ptk. von einem ungarischen Rechtsanwalt oder Notar gegengezeichnet werden, wobei Letzteres in Form einer notariellen Urkunde geschieht. In beiden Fällen muss der Gesellschaftsvertrag von allen Gesellschaftern vor dem gegenzeichnenden Rechtsanwalt bzw. Notar unterzeichnet werden.

 

Rz. 55

Die Gegenzeichnung kann auch aufgrund einer Beglaubigung eines ausländischen Notars erfolgen, wenn diese die persönliche Unterschrift des im Gesellschaftsvertrag bezeichneten Gesellschafters bzw. dessen Vertreters bestätigt. Eine Apostille gemäß dem Haager Abkommen vom 5.10.1961 (veröffentlicht in Ungarn in der Gesetzesverordnung Nr. 11 aus dem Jahr 1973) ist nur dann notwendig, wenn die Anerkennung von notariellen Urkunden nicht in einer bilateralen Vereinbarung zwischen Ungarn und dem Vertragsland festgelegt ist. Solche Vereinbarungen bestehen z.B. mit Österreich, Frankreich, Polen, der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik und einer Vielzahl weiterer Staaten. Unter anderem mit der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz bestehen derzeit keine entsprechenden bilateralen Abkommen, so dass hier eine Apostillierung notwendig ist.

 

Rz. 56

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die Möglichkeit geschaffen, dass eine Gegenzeichnung durch einen Rechtsanwalt auch zulässig ist, wenn die Gesellschafter den Vertrag nicht bei persönlicher Anwesenheit beim Rechtsanwalt unterzeichnen. In einem solchen Fall muss eine Identifikation über eine von der Rechtsanwaltskammer genehmigte Videoplattform erfolgen (z.B. Skype). Dort zeigt der Unterzeichner dem Rechtsanwalt diverse Ausweisdokumente vor, die Unterfertigung erfolgt "live" und der gesamte Prozess wird als Videodatei aufgezeichnet, abgespeichert und archiviert. Diese Unterzeichnungsmodalitäten stellen eine große Erleichterung für Mandanten und einen beherzten Schritt in ein weniger bürokratisches und wirtschaftsfreundlicheres Umfeld dar.

 

Rz. 57

Die Gesellschafter können sich bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags per Vollmacht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. In diesem Fall muss die Vollmacht jedoch folgende Voraussetzungen erfüllen:

In Ungarn ausgestellte Vollmacht in notarieller Form oder in Form einer vollbeweisfähigen privatrechtlichen Urkunde (Unterzeichnung der Vollmacht vor zwei Zeugen, die ebenfalls die Urkunde unterzeichnen).
Bevollmächtigung im Ausland in Form einer notariellen Urkunde (ggf. mit Apostille versehen, siehe Rdn 55).
In jedem Fall muss eine Spezialvollmacht ausgestellt werden, die neben den persönlichen Daten des Bevollmächtigenden und des Bevollmächtigten auch die Festlegung des genauen Umfangs der Bevollmächtigung enthalten muss (z.B. Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages der Firma X Kft.).

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