Leitsatz

Unberechtigte Abberufung des Verwalters

 

Normenkette

§§ 23 ff., 26, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG a. F.; § 20 FGG

 

Kommentar

  1. Der Verwalter ist zur Anfechtung seines Abberufungsbeschlusses in analoger Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG a. F. befugt und besitzt insoweit auch Rechtsschutzbedürfnis, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine ihm nach eigener Auffassung zu Unrecht entzogene Rechtsstellung zurückzugewinnen. Seine Anfechtungsbefugnis ergibt sich aus § 20 FGG (vorliegend nach dem Recht vor der WEG-Reform 2007). Ein Abberufungsbeschluss entfaltet nicht nur interne Wirkung, sondern ist auch konstitutiver Bestandteil des zweistufigen Bestellungs- bzw. Abberufungsakts, der neben der gemeinschaftlichen Willensbildung und der entsprechenden Bestellungs- bzw. Abberufungserklärung noch deren Zugang erfordert. Dem entspricht, dass der bestandskräftige Abberufungsbeschluss nach allgemeiner Auffassung auch das Vorliegen der erforderlichen Abberufungsvoraussetzungen für alle Beteiligten feststellt. In dieser Bindungswirkung unterscheidet sich ein bestandskräftiger Abberufungsbeschluss von einem unangefochtenen Eigentümerbeschluss über die Kündigung des Verwaltervertrags, der für eine nach den §§ 620 ff. BGB zu beurteilende Wirksamkeit der Vertragskündigung ohne Einfluss ist (vgl. BGH, NJW 2002 S. 3240, 3242).
  2. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nach der Abberufungsbeschlussfassung auch nicht durch teilweisen Ablauf des Verwaltervertrags. Die Ungültigkeit des Abberufungsbeschlusses führt dazu, dass der antragstellende Exverwalter seine Organstellung zurückgewinnt, was auch Bedeutung für den Umfang seiner vertraglichen Vergütungsansprüche hat. Ein solcher Anspruch würde auch dann nicht ohne Weiteres entfallen, wenn dieser Verwalter keine Dienste mehr erbracht hat (vgl. § 615 BGB). Ohne gerichtliche Ungültigerklärung stünde der angefochtene Eigentümerbeschluss einem Antrag der Verwaltung auf Honorarzahlung entgegen. Insoweit kann auch nicht von Hauptsacheerledigung gesprochen werden; diese tritt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur dann ein, wenn sich die Sach- und Rechtslage durch ein Ereignis derart verändert hat, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen wäre und die Fortführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte. Ein Streit über die Ungültigerklärung eines Beschlusses zur Verwalterabberufung erledigt sich daher nicht ohne Weiteres dadurch, dass der Zeitraum für die Bestellung ganz oder teilweise abgelaufen ist, wenn der abberufene Verwalter den Antrag auf Ungültigkeitserklärung gestellt hat (vgl. OLG München, ZMR 2006 S. 129).
  3. Vorliegend entsprach der Abberufungsbeschluss nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da keine wichtigen Gründe für eine Abberufung vorlagen.

    Von einem wichtigen Grund im Sinne des § 26 Abs. 1 WEG a. F. ist nur dann zu sprechen, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (h.M.). Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die festgestellten Tatsachen objektiv geeignet sind, das Vertrauensverhältnis zwischen Verwalter und Eigentümern schwerwiegend zu stören oder gar zu zerstören. Dabei sind die Interessen der Eigentümer an der Trennung vom Verwalter mit dessen Interessen am Erhalt seiner Verwalterstellung sowie die beidseitigen Verursachungsbeiträge vollständig und widerspruchsfrei abzuwägen. In die Interessenabwägung sind alle Umstände einzubeziehen, z. B. auch die restliche Dauer des Verwaltervertrags. Das erforderliche Vertrauen kann insbesondere infolge schwerwiegender Pflichtverstöße oder durch Rechtsmissbrauch des Verwalters zerstört werden. Voraussetzung ist jedenfalls stets ein Fehlverhalten des Verwalters (ebenfalls h.M.). Begriffe der Eignung und des wichtigen Grunds sind als generalklauselartige unbestimmte Rechtsbegriffe einzustufen, deren Anwendung mit der Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt überprüfbar ist. Vorliegend lag ein sachlicher Grund für die Abberufung des Exverwalters nicht vor, und zwar unabhängig von der Bestandskraft neuer Bestellung und Gefahr einer Verdoppelung von Verwaltergebühren (für den Antragsteller und einen neubestellten Verwalter).

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 24.03.2010, 2 Wx 6/08

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge