Leitsatz

Gültiger Beschluss auf Erhebung einer Umzugskostenpauschale für jeden Nutzerwechsel als "besondere Nutzung" im Fall der Vermietung an ständig wechselnde Personen (mit Revisionszulassung)

 

Normenkette

§ 21 Abs. 7 WEG

 

Kommentar

  1. Nach § 21 Abs. 7 WEG kann mit einfacher Mehrheit eine Umzugskostenpauschale (hier: von 50 EUR) für jeden Nutzerwechsel beschlossen werden. Die Vermietung an ständig wechselnde Personen stellt eine "besondere Nutzung" i.S.d. § 21 Abs. 7 WEG dar.

    Insoweit handelt es sich dabei um einen über die normale, gewöhnliche, übliche Nutzung hinausgehenden, übermäßigen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, der zusätzlich Kosten für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, für Wasser und Strom etc. verursacht (vgl. Merle, GE 2007, S. 1168, 1170). Insoweit ist hinsichtlich der entstehenden Mehrkosten im Interesse einer einheitlichen Handhabung nicht auf eine subjektiv-konkrete (so jedoch Häublein, ZMR 2007, S. 409 ff.), sondern eine objektiv-abstrakte Bewertung abzustellen (so Merle, a. a. O.). Die hier angegriffene Beschlussfassung regelt eine Kostentragungspflicht für die Inanspruchnahme von Teilen des Gebäudes, die im Gemeinschaftseigentum stehen. Insoweit besteht Beschlusskompetenz nach § 21 Abs. 7 WEG. Der Beschluss entspricht auch Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

  2. Das Berufungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich bei in zeitlicher Hinsicht kurzen Vermietungen an ständig wechselnde Personen nicht um eine reine Wohnnutzung, sondern um eine "besondere" Nutzung des Sondereigentums handelt (im Ergebnis bestätigt auch durch das KG mit Beschluss v. 2.6.2007, 24 W 34/07 sowie v. 31.5.2007, 24 W 276/06 und OLG Saarbrücken mit Beschluss v. 3.2.2006, 5 W 115/05). Insoweit ist von erhöhter Abnutzung des Gemeinschaftseigentums zu sprechen, der den bloßen Mitgebrauch im Sinne von § 13 Abs. 2 WEG überschreitet. Ferner fällt bei derartigen Nutzungen gerichtsbekannt auch ein erhöhter Reinigungsbedarf im Bereich der Flächen des Gemeinschaftseigentums an. Aus diesem Grund werden auch die Kosten für einen Umzug in der Begründung für die WEG-Novelle als möglicher Anwendungsfall des § 21 Abs. 7 WEG genannt (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 27).
  3. Eine derartige, intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums ist in Bezug auf die im Eigentum des Klägers stehenden fünf Einheiten im Übrigen auch bei Anwendung einer konkreten Betrachtungsweise anzunehmen, da der Kläger selbst die Anzahl an Nutzerwechseln mit etwa 100 pro Jahr angegeben hat.
  4. Die Beschlussfassung hat auch keinen Strafcharakter, da sie ausnahmslos von jedem erhoben wird, bei dem ebenfalls die beschriebenen Voraussetzungen vorliegen.
  5. Bei Erhebung einer Kostenpauschale ist es auch sachgerecht, nicht auf die Dauer der Nutzung, sondern auf die Anzahl der Nutzerwechsel abzustellen. Sie ist auch nicht überhöht, da es sich zwar nicht um komplette Umzüge, aber immerhin um den Ein- und Auszug von meist mehreren Nutzern mit mehr oder weniger umfangreichem Gepäck handelt.
  6. Die Beträge sind ausweislich der Beschlussfassung der Instandhaltungsrücklage zuzuführen.
Anmerkung

Zunächst erscheint zumindest mir fraglich, ob selbst bei häufigen und kurzfristigen Vermietungen von Wohnungseigentum bereits von einer "besonderen Nutzung des Gemeinschaftseigentums" i.S.d. § 21 Abs. 7 WEG auszugehen ist.

Dabei ist sicher nicht die sich aus dieser Gesetzesbestimmung ergebende Beschlusskompetenz auch mit Dauer- und Rechtsfolgewillen anzuzweifeln. Fraglich ist allerdings, ob ein solcher Mehrheitsbeschluss im Anfechtungsfall auch Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Davon geht das Landgericht offensichtlich im vorliegenden Fall aus, zumal eine solche Entscheidung doch ganz erheblich den vereinbarten oder gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel zum Nachteil vermietender Eigentümer ändert und gesetzliche Grundsätze einer Schadensersatzhaftung im Fall einer solchen Pauschalierung ohne Schadensnachweise aushöhlt. Auch kurzfristige Mieter nutzen das Gemeinschaftseigentum in gleicher Weise sorgfältig oder auch nicht sorgfältig, wie auch andere Bewohner im Haus (seien es Eigennutzer oder auch Dauermieter).

Eine Art "Sondernutzung" ist hier m.E. selbst bei kurzfristigen Vermietungen sicher nicht anzunehmen. Andernfalls müssten ja Eigentümer bei längerem Leerstand ihrer Wohnungen auch einen Anspruch auf Freistellung bestimmter nutzungsrelevanter Kostenpositionen erhalten können. Dies wird zu Recht abgelehnt, da allein auf Gebrauchsmöglichkeiten des Gemeinschaftseigentums abzustellen ist. Die alleinige Gebrauchs- bzw. Mitgebrauchsmöglichkeit von Gemeinschaftseigentum rechtfertigt allerdings auch nicht erhöhte Kostenanteile, überdies über schlüsseländernde Mehrkostenpauschalen. Man mag hier vielleicht an Beschlussfassungen nach § 16 Abs. 3 und Abs. 4 denken, wenn unvorhergesehen durch bestimmte, überverhältnismäßig intensive Nutzung eines Sondereigentums Mehrkosten etwa hinsichtlich notwendiger R...

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