Leitsatz (amtlich)

Schreibt die Teilungserklärung hinsichtlich der Raumeignung eines Miteigentumsanteils eine Wohnungsnutzung vor, so fehlt die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, generell eine Nutzung des Sondereigentums zu "Boarding-House"-Zwecken zu erlauben. Ein entsprechender Beschluss ist nichtig.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 5 T 92/04)

AG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 WEG II 3/03)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Antragsgegner als Gesamtschuldner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft H.-Straße 41 in Saarbrücken. Die Antragsgegner sind die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft.

In der Teilungserklärung der Gemeinschaft ist unter Teil I Nr. 2 ausgeführt, dass auf dem Grundstück ein Bauwerk errichtet wird mit einer Büroeinheit, einer Hoteleinheit und 27 Wohneinheiten sowie einer Kfz-Abstellhalle. In Teil II Nr. A 2 sind die einzelnen Miteigentums-, Teileigentums- und Sondereigentumsanteile aufgeführt. Unter Nr. 2 ist ein Teileigentum an den Räumen des Hotels samt gesondertem Treppenhaus und Aufzug festgelegt. Unter Nr. 1 ist ein Teileigentum an Büro- und Geschäftsräumen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, unter Nr. 3 bis 29 sind die einzelnen Wohnungen aufgeführt, die sich über den Büro- und Geschäftsräumen befinden. Das Treppenhaus und der Aufzug zur Benutzung der Büro- und Geschäftsräume und der Wohnungen ist von dem Treppenhaus des Hotels vollständig getrennt. Eine Verbindung innerhalb des Gebäudes besteht nicht.

Die Eigentümerin der Wohnung Nr. 21 gem. Teilungserklärung vermietete ihre Wohnung dem Hotelbetreiber. Dieser überließ die Wohnung Interessenten zur Nutzung, die sich nur vorübergehend in Saarbrücken - meist aus geschäftlichen Gründen - aufhielten, jedoch nicht in einem Hotelzimmer "aus dem Koffer" leben wollten. Die Vermietung erfolgte über das Hotel, die Wohnung war telefonisch über die Zentrale des Hotels zu erreichen. Die Wohnung wurde durch Hotelpersonal gereinigt. Auch sonstige Serviceleistungen des Hotels - beispielsweise das Frühstücksbuffet - standen den Bewohnern dieser Wohnung Nr. 21 zur Verfügung.

Acht der 27 Wohnungen gem. Teilungserklärung werden tatsächlich als Büroräume genutzt. Zwei Wohnungen werden im Boarding-Haus-System genutzt. Sechs Wohnungen sind in das Hotel integriert (Bl. 17 d.A.).

Die Antragsteller nahmen die Eigentümerin der Wohnung Nr. 21 im Verfahren 1-II WEG 148/01 vor dem AG Saarbrücken auf Unterlassung in Anspruch, ihre Wohnung durch Hotelgäste nutzen zu lassen.

In der Eigentümerversammlung am 5.12.2002 informierte der Ehemann der Eigentümerin der Wohnung Nr. 21 die Anwesenden darüber, dass die Wohnung zu "Boarding-Haus-Zwecken" genutzt werden solle und berichtete über das laufende Verfahren 1-II WEG 148/01. Im Protokoll ist daran anschließend unter TOP 1 folgendes aufgenommen (Bl. 9 d.A.):

"Anschließend beschloss die Versammlung, einer Nutzungsänderung unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass

  • kein Hotelbetrieb geführt wird.
  • Die Hotelrezeption die Nutzer persönlich in die Örtlichkeiten einweist.
  • Frau B. als Ansprechpartner beim Auftreten von Problemen zur Verfügung steht.
  • Die Beleuchtung des Flures technisch auf Bewegungsmelder zu Lasten des Antragstellers umgerüstet wird.
  • Die Beschilderung entsprechend angepasst wird.
  • Die Nutzung sich ausschließlich auf das Boarding-Haus-System beschränkt und keine weitere Untervermietung gestattet ist.

Dieser Beschluss erging bei Zustimmung der Eigentümer S, R, D., B., Sc. und Partner, W. B., Da., Un.. Keine Zustimmung erteilten die Eigentümer Kü., Sk. und Co.. Frau Sch. enthielt sich der Stimme."

Mit Schriftsatz vom 6.1.2003 wandten sich die Antragsteller gegen diesen Beschluss. Sie beantragten die Feststellung, dass dieser Beschluss ein Nichtbeschluss sei, weil er nicht verkündet worden sei. Hilfsweise begehrte sie die Feststellung, dass der Beschluss nichtig sei, weil er zu unbestimmt sei und die Nutzungsänderung der Wohnung Nr. 21 nicht mit Stimmenmehrheit, sondern nur durch eine Vereinbarung hätte vorgenommen werden dürfen. Mit Beschluss vom 19.1.2004 hat das AG festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 5.12.2002 zu TOP 1 nichtig ist. Der Eigentümerversammlung habe zur Nutzungsänderung die Beschlusskompetenz gefehlt. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 21.2.2005 hat das LG Saarbrücken die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen, den Antragsgegnern am 31.3.2005 zugestellten Beschluss haben diese am 8.4.2005 sofortige weitere Beschwerde eingelegt und beantragen, die Beschlüsse des LG Saarbrücken vom 21.2.2005 und des AG Saarbrücken vom 19.1.2004 aufzuheben und den Antrag der Antra...

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