Leitsatz

Ein Verwalter ist von Gesetzes wegen nicht berechtigt, namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Umsatzsteuer zu optieren.

 

Normenkette

§§ 9 Abs. 1, Abs. 2, 14 UStG; § 675 BGB; § 27 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage sind sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam (als Miteigentümer) Eigentümer eines Teileigentums. Im Juli 1998 mietet die B-GmbH das Teileigentum an. Die Miete beträgt monatlich 2.070 DM zuzüglich etwaiger Umsatzsteuer. Ferner heißt es im Mietvertrag wie folgt: „Hat der Vermieter bei Vertragsabschluss auf die Umsatzsteuer optiert, ist er berechtigt, auf die Miete (§ 3), Nebenkosten (§ 5) und sonstige umsatzsteuerpflichtige Zahlungen Umsatzsteuer in jeweils gesetzlich geltender Höhe zu erheben. Optiert der Vermieter erst nach Vertragsabschluss auf die Umsatzsteuer, ist er berechtigt, in gleicher Weise wie zu Ziff. 1 Umsatzsteuer zu verlangen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages hatten die Wohnungseigentümer nicht zur Umsatzsteuer optiert.
  2. Auf Wunsch der B-GmbH sendet Verwalter V im September 1998 dieser folgendes Schreiben: "... Wunschgemäß bestätige ich Ihnen die monatlich zu zahlenden Beträge der Grundmiete (Ladenlokal 1.784,48 DM und 16 % MwSt 285,52 DM)." Die B-GmbH bringt bei ihren Umsatzsteuererklärungen den in dem Schreiben aufgezeigten Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer in Abzug. V informiert von seinem Schreiben weder die Wohnungseigentümer noch deren Steuerberater. Die Wohnungseigentümer gehen daher davon aus, dass es sich bei der Miete um die Nettomiete handelt. Die Umsatzsteuer wird deshalb nicht erklärt und abgeführt.
  3. Im Herbst 2004, spätestens Anfang 2005, erfahren die Wohnungseigentümer und ihr Steuerberater, dass die von der B-GmbH gezahlte Miete einen Umsatzsteueranteil enthielt, mithin aus deren Sicht Bruttozahlungen vereinbart waren. Der Steuerberater meint, dass V's Schreiben als Umsatzsteueroption zu verstehen sei. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schulde daher die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Er erstellt deshalb nachträgliche Umsatzsteuererklärungen und reicht sie beim zuständigen Finanzamt ein (von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in jenem Zeitraum gezahlte Umsatzsteuer zieht er nicht als Vorsteuer ab). Das Finanzamt erteilt gemäß den Erklärungen Umsatzsteuerbescheide und verlangt insgesamt 9.361,51 EUR. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer akzeptiert die Bescheide und zahlt die Beträge.
  4. Später kommen den Wohnungseigentümern Zweifel. Der Steuerberater beantragt daher beim Finanzamt die Berichtigung der Umsatzsteuerbescheide dahin, dass "eine Veranlagung auf 0,00 DM/EUR erfolgt" und die geleistete Umsatzsteuer zuzüglich der Zinsen erstattet wird. Das Finanzamt lehnt die Korrektur ab. Es meint, in V's Schreiben sei die Umsatzsteuer offen ausgewiesen und somit wirksam die Option zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 UStG erklärt worden. Das Schreiben stelle im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Rechnung i.S.d. § 14 UStG dar. Eine Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze komme nur bei Rechnungsberichtigung in Betracht. Eine Rücknahme des Verzichts auf Steuerbefreiung könne nur erfolgen, solange die Steuerfestsetzung noch nicht unanfechtbar sei oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe. Die Rücknahme bewirke, dass der Umsatz rückwirkend steuerfrei sei und die aufgrund der Option entstandene Umsatzsteuer rückwirkend entfalle. Diese Rechnungsberichtigung habe zur Folge, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers rückwirkend zu versagen sei und die Vorsteuer von dem Leistungsempfänger an das Finanzamt zurückerstattet werden müsse. Die B-GmbH zahlt in der Folgezeit die als Umsatzsteuer ausgewiesenen Beträge nicht als noch offene Mietbeträge und erstattet auch dem Finanzamt die insoweit in Abzug gebrachten Vorsteuern nicht.
  5. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt nun von V vor allem in Höhe der von ihr entrichteten Umsatzsteuer Schadensersatz. Das AG weist die Klage zurück. Die nachträgliche durch den Steuerberater für erforderlich gehaltene Umsatzsteuernachmeldung könne nicht als adäquat kausal durch die Erstellung des Schreibens verursacht angesehen werden. V sei nicht berechtigt gewesen, steuerlich relevante Erklärungen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abzugeben. Eine solche Konsequenz und die möglicherweise falsche Sachbehandlung des Finanzamtes und die daraus entstehenden weiteren steuerrechtlichen Verpflichtungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe V in keinem Fall voraussehen können.
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat keinen Erfolg! Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne von V keinen Schadensersatz verlangen. Zwar habe V durch die Erstellung des Schreibens und die Nichtunterrichtung der Wohnungseigentümer oder des Steuerberaters schuldhaft seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt. Ferner habe er der B-GmbH eine falsche Bestätigung dahin erteilt, dass die Ladenlokalmiete entgegen der des Mietvertrags einen Umsatzsteueranteil enthält. Hierzu sei er weder in ste...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge