Leitsatz

Tritt ein Vermieter gem. § 566 BGB in einen Mietvertrag ein, in dem zusätzlich zur Nettomiete die Mehrwertsteuer ausgewiesen ist und bei dem der ursprüngliche Vermieter für die Mehrwertsteuer optiert hat, so ist er nicht ohne ausdrückliche vertragliche Regelung verpflichtet, ebenfalls zur Umsatzsteuer zu optieren.

(amtlicher Leitsatz des Gerichts)

 

Normenkette

BGB § 535

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft ein Mietverhältnis über Ladenräume. Die Mieterin tätigt in den Mieträumen ausschließlich solche Geschäfte, die der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Der ursprüngliche Vermieter hat seinerseits für die Umsatzsteuer optiert. In dem Mietvertrag ist deshalb hinsichtlich der Miete Folgendes vereinbart: "Auf Verlangen des Vermieters hat der Mieter neben dem Mietzins und den Nebenkosten zusammen mit diesen die jeweils geltende Mehrwertsteuer zu zahlen."

Entsprechend hat der Mieter gezahlt. Im Jahr 2004 wurde das Mietobjekt veräußert. Der Erwerber hat nicht für die Umsatzsteuer optiert. Gleichwohl hat der Mieter in der Folgezeit die Miete und die Nebenkosten jeweils mit der Mehrwertsteuer an den Erwerber bezahlt. Er verlangt vom Erwerber, dass dieser ihm eine Rechnung gem. §§ 14 Abs. 4, 15 UStG erteilt, aus der die auf die Miete gezahlten Umsatzsteuerbeträge ersichtlich sind.

Das Gericht vertritt die Ansicht, dass ein solcher Anspruch nicht besteht. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

1. Steuerbefreiung bei Vermietung

Die Vermietung von Räumen ist umsatzsteuerfrei. Der Vermieter von Gewerberäumen kann zwar auf die Steuerbefreiung verzichten; er ist hierzu aber grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter ein besonderes Interesse am Vorsteuerabzug hat.

2. Verpflichtung zur Umsatzsteueroption im Mietvertrag

Eine Ausnahme gilt dann, wenn im Mietvertrag vereinbart wird, dass der Vermieter zur Option verpflichtet ist.

Aus der von den Parteien gewählten Formulierung kann eine derartige Verpflichtung nicht hergeleitet werden. Denn danach ("Auf Verlangen des Vermieters ...") liegt die Entscheidung für die Option allein beim Vermieter.

3. Umsatzsteueroption auch nicht für Erwerber

Ist der ursprüngliche Vermieter nicht zur Option verpflichtet, gilt dasselbe für den Erwerber. Der Umstand, dass sich der Veräußerer für die Option entschieden hat, ändert daran nichts.

4. Bloße Hinnahme der Umsatzsteuerzahlungen

Der Mieter hat neben der Miete auch die Umsatzsteuer an den Erwerber bezahlt. Dieser hat die Zahlungen entgegengenommen. Hierin liegt ebenfalls keine stillschweigende Vereinbarung, dass der Erwerber zur Umsatzsteuer optieren muss. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass durch die bloße Hinnahme einer nicht geschuldeten Leistung keine vertragliche Verpflichtung zu einer bestimmten Leistung begründet wird.

Etwas anderes käme in Betracht, wenn der Erwerber seinerseits die Zahlung von Umsatzsteuer verlangt.

5. Rückerstattung der Umsatzsteuer durch Erwerber

Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist der Erwerber rechtsgrundlos bereichert; er muss diese Zahlungen also an den Mieter zurückerstatten.

6. Mitteilungspflicht des Erwerbers

Hat der Erwerber nicht die Absicht zur Option auf die Umsatzsteuer, muss er dies dem Mieter mitteilen. Eine Unterlassung dieser Mitteilung ist als Pflichtverletzung zu bewerten. Entsteht dem Mieter durch die Pflichtverletzung ein Schaden, so kann der Erwerber zum Schadensersatz verpflichtet sein.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss v. 13.3.2012, 32 U 4761/11, ZMR 2012 S. 621

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