Nach Schätzungen sollen 5 % aller Kinder nicht von demjenigen Vater abstammen, der glaubt, leiblicher Vater des Kindes zu sein.

Stellt – auf welche Weise auch immer – der Betreffende dann fest, dass er nicht leiblicher Vater des Kindes ist, mag sich in ihm das Bedürfnis entwickeln, die von ihm für das Kind getätigten finanziellen Aufwendungen vom tatsächlichen Vater ersetzt zu verlangen.

Dieser in § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelte Scheinvaterregress[1]

hat erhebliche Schwächen. Er geht dem Umfang nach sehr weit, ist aber mit großen Hürden und auch nicht in allen Fällen durchsetzbar, in denen die Mutter sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken.

Nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geht der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten über, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Der nach dieser Vorschrift übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grds. identisch, sodass er – wie dieser selbst – der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt.[2] Die gesetzliche Verjährungsfrist für gesetzliche Unterhaltsansprüche gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes kann frühestens am Schluss des Jahres beginnen, in dem die Entscheidung über die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft rechtskräftig geworden ist. Allerdings kann der Erzeuger wegen § 1600d Abs. 4 BGB grds. erst dann auf Unterhalt in Anspruch genommen werden, wenn er die Vaterschaft wirksam anerkannt hat oder seine Vaterschaft rechtskräftig festgestellt ist.

Im Regressverfahren hat der Scheinvater die geltend gemachten, auf ihn gem. § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Unterhaltsansprüche in einer auf die jeweiligen Monate bezogenen Aufstellung der Höhe nach zu konkretisieren. Insoweit hat er darzulegen, dass er nach seinen eigenen Einkommensverhältnissen Unterhaltsleistungen in der geltend gemachten Höhe tatsächlich erbracht hat. Dem in Anspruch genommenen Antragsgegner obliegt als barunterhaltspflichtigen Elternteil auch im Regressverfahren grds. die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er in Höhe des Mindestunterhalts nicht oder nur eingeschränkt leistungsfähig ist.[3]

Es stellt sich zum unterhaltsrechtlichen Scheinvaterregress allerdings in vielen Fällen die Vorfrage, ob derjenige, der zu Unrecht gedacht hatte, leiblicher Vater des Kindes zu sein, nunmehr von der Kindesmutter Auskunft darüber verlangen kann, wer tatsächlich Vater ist oder als solcher in Betracht kommt.

Eine gesetzliche Reglung zur etwaigen Verpflichtung zur Auskunft existiert nicht.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 8.11.2011[4] zur Frage der Verpflichtung der Kindesmutter Stellung genommen, dem sog. Scheinvater die Person des biologischen Vaters zu nennen, um ihm die Geltendmachung eines Unterhaltsregresses zu ermöglichen. Im entschiedenen Verfahren hat der BGH dies bejaht. Lässt sich daraus eine Ausweitung der Auskunftspflichten dahingehend ableiten, dass sie nach Geburt eines Kindes den biologischen Vater oder in Frage kommende Intimpartner nennen muss? Ist damit der mit Verfassungsrang nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Privat- und Intimbereich um der Ermöglichung finanzieller Ansprüche willen eingeengt? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns die rechtliche Stellung des Scheinvaters genauer ansehen:

Gilt ein Mann als Vater eines Kindes, hat dies nicht nur zahlreiche Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten wie Unterhaltzahlungen und Sorge für das Kindeswohl zur Folge.

Verbunden mit der – auch nur scheinbaren – Vaterschaft sind Rechte wie Umgang oder auch Auskunft über das Kind, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht und es diese nicht selbst erteilen kann.

Stellt sich heraus, dass der – gedachte – Vater tatsächlich nicht leiblicher Vater des Kindes ist, kann dies – muss aber nicht – erhebliche Konsequenzen haben, je nach Fallsituation.

Scheinväter: Fallkonstellationen

 
(1) Ist der Scheinvater mit der Kindesmutter verheiratet, so hat dies zunächst keine Konsequenzen, wenn entweder der Vater durch die Mutter erfahren hat oder selbst weiß, dass er nicht der Vater ist, weil z. B. seit langer Zeit kein sexueller Kontakt mehr zwischen den Eheleuten besteht. Der Scheinvater bleibt aufgrund der Ehe rechtlicher Vater des Kindes und ist zum Unterhalt und zur elterlichen Sorge verpflichtet. Auch die ggf. gerichtlich durchgesetzte Feststellung seiner Nicht-Vaterschaft nach § 1598a BGB ändert am rechtlichen Verhältnis zunächst nichts. Erst dann, wenn der Ehemann durch Vaterschaftsanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB) erfolgreich seinen Pflichtenkreis aufheben lässt, erhält das Kind von ihm keinen Unterhalt mehr. Umgangspflichten und –rechte bleiben erhalten; zumindest, soweit eine soziale Bindung zwischen Scheinvater und Kind entstanden ist, § 1685 Abs. 2 BGB.

Dasselbe gilt, wenn die Kindesmutter einen Mann heiratet, der Vater ihres Kindes ist und kein anderer Mann – z. B. durch Anerkennung – als leiblicher Vater gilt, § 1626a Abs. 1 ...

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