Leitsatz

Umfassende Wärmedämmung der gesamten Hausfassade auch zur Vermeidung weiterer Schimmelbildungsschäden unter Abwägung aller Kriterien als modernisierende Instandsetzung zu Recht beschließbar

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4 und 5, 22 Abs. 1 WEG a.F.; § 62 WEG; § 8 EnEV

 

Kommentar

1. Die Beschlussgültigkeit musste vorliegend nach den materiell-rechtlichen Vorschriften des WEG in der Fassung vor der Gesetzesreform 1.7.2007 überprüft werden (h.M.).
2.

In Übereinstimmung mit den Entscheidungen beider Vorinstanzen und dort jeweils eingeholter Sachverständigengutachten entsprach der Beschluss über die Anbringung einer umfassenden Wärmedämmung auf der gesamten Hausfassade ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 4, 5 Nr. 2 WEG a.F. und war nicht als bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG a.F. mit dem Gebot grundsätzlich einstimmiger Zustimmung anzusehen.

Im Grenzbereich solcher Maßnahmen spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle, insbesondere der bisherige Zustand, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Aufwand und zu erwartendem Erfolg und schließlich auch die Frage, inwieweit sich die geplante Modernisierung bereits bewährt und durchgesetzt hat (h.M.). Anzulegender Maßstab ist der eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossene Eigentümer, sodass auch die Anbringung einer Wärmedämmung nicht zu eng am bestehenden Zustand ausgerichtet werden darf, soll eine Anlage nicht zum Schaden aller Eigentümer vorzeitig veralten und an Wert verlieren. Alle Vor- und Nachteile bloßer Reparatur des vorhandenen Zustands einerseits und der Herstellung eines neuen Zustands andererseits sind gegeneinander abzuwägen.

In den Vorinstanzen wurde von Sachverständigen als Ursache der Schimmelbildung in einigen Wohnungen eine unzureichende Wärmedämmung insb. im Bereich der Betonringanker festgestellt und jedenfalls eine Volldämmung für erforderlich erachtet (auch im Hinblick auf § 8 EnEV und Amortisationszeiten von möglichen Sanierungsvarianten). Damit hält sich die Beschlussfassung auch noch innerhalb des der Gemeinschaft in diesem Zusammenhang zustehenden Ermessensspielraums. Eine Gemeinschaft hat überdies bei solchen Instandsetzungsmaßnahmen nicht nur die Wirtschaftlichkeit der in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, sondern auch technische Lösungen zu wählen, die geeignet sind, den Baumangel dauerhaft zu beseitigen (vgl. bereits BayObLG, ZMR 1990 S. 29). Damit können auch derzeit als nicht zwingend notwendig erachtete Ausführungsmaßnahmen beschlossen werden (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 1999 S. 766). Eigentümer müssen nicht abwarten, ob vielleicht weniger weitreichende Maßnahmen etwa lediglich einer Teildämmung der Fassade zum Erfolg führen, oder zu beseitigende Mängel erneut auftreten. Bereits die Gefahr weiterer Bauschäden bzw. Schimmelbildungen bei Ausführung nur einer Teildämmung kann den Ausschlag für einen gesamten Vollwärmeschutz geben. Auf exakte Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist dann in einem solchen Fall nicht mehr abzustellen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 15.11.2010, 20 W 138/08, NZM 2011 S. 37

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