Leitsatz

Auch wenn der Prozessbevollmächtigte die von seiner Angestellten in den Fristenkalender eingetragene Frist überprüft hat, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozesshandlung die Einhaltung der für diese vorgeschriebenen Frist nachzuprüfen.

 

Sachverhalt

Dem Prozessbevollmächtigten wurde am 25.4.2003 das klageabweisende Urteil des AG zugestellt. Auf dessen Vorderseite vermerkte die Büroangestellte zutreffend den 26.5.2003 als letzten Tag der Berufungsfrist sowie den 25.6.2003 als letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist und trug diese Daten auch in den Fristenkalender der Kanzlei ein. Der Prozessbevollmächtigte überprüfte die eingetragenen Fristen, als ihm die Akte am 12.5.2003 vorgelegt wurde, und legte rechtzeitig Berufung ein. Die Büroangestellte notierte fälschlich den 26.6.2003 als Datum des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender und strich den 25.6.2003 aus. Dem Prozessbevollmächtigten wurde die Akte mit einem entsprechend falschen Terminzettel vorgelegt. Er hat sich auf diese Angabe verlassen, weil die Fristberechnung von ihm bereits vor Einlegung der Berufung überprüft und für richtig befunden worden war. Die Berufungsbegründung ging mithin einen Tag verspätet per Telefax beim LG ein. Das Wiedereinsetzungsgesuch bleibt auch beim BGH erfolglos.

 

Entscheidung

Der Rechtsanwalt vertrat die Auffassung, eine – unverzichtbare[1] – Fristenprüfung müsse nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der fristgebundenen Prozesshandlung erfolgen. Insbesondere sei dies dann nicht geboten, wenn der Prozessbevollmächtigte die korrekte Eintragung des Ablaufs der maßgebenden Frist in den Kalender der Kanzlei bereits zu einem früheren Zeitpunkt überprüft habe. Eine doppelte Prüfung könne von ihm ebenso wenig erwartet werden wie die doppelte Führung von Fristenkalendern[2].

Dem folgte der BGH nicht. Die Pflicht des Prozessbevollmächtigten, den Fristablauf bei der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung selbständig zu prüfen, beruht nach Auffassung des Senats darauf, dass die sorgfältige Vorbereitung der Prozesshandlung stets auch die Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit einschließt. Diese Aufgabe ist von der Fristenberechnung und -kontrolle zu unterscheiden, die lediglich der rechtzeitigen Vorlage der Akten zum Zweck ihrer Bearbeitung durch den Rechtsanwalt dienen. Nur insoweit kann sich der Rechtsanwalt von der routinemäßigen Fristenüberwachung entlasten[3].

 

Praxishinweis

Anders als bei der doppelten Führung von Fristenkalendern geht es hier um unterschiedliche Aufgaben des von der Angestellten geführten Fristenkalenders einerseits und der Pflicht des Prozessbevollmächtigten zur Vorbereitung der Prozesshandlung andererseits. Hat der Prozessbevollmächtigte die von der Angestellten in den Fristenkalender eingetragene Frist überprüft, obwohl dies nach der Aufgabenstellung nicht erforderlich gewesen wäre, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozesshandlung die Einhaltung der für diese vorgeschriebenen Frist nochmals eigenverantwortlich zu überprüfen.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 17.3.2004, IV ZB 41/03

[3] Vgl. insoweit BGH-Beschluss vom 13.11.1975, III ZB 18/75, NJW 1976, S. 627

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