Rz. 10

Das Fragerecht des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderteneigenschaft ist seit Geltung des AGG ohne einen konkreten Bezug zur Tätigkeit nicht mehr gegeben. Nur in dem Fall, in dem sich der Arbeitgeber nach der konkreten Eignung des Bewerbers für die zu vergebende Tätigkeit erkundigt, ist ihm das Fragerecht zuzustehen. Dem Arbeitgeber steht das Fragerecht demnach dann zu, wenn die körperliche Unversehrtheit zwingende Voraussetzung für die ausgeschriebene Tätigkeit ist. Dies ergibt sich aus dem Benachteiligungsverbot des AGG und aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BDSG. Es ist auf den Umfang begrenzt, der mit der konkret zu besetzenden Tätigkeit in engem Zusammenhang steht. Der schwerbehinderte Mensch ist demzufolge im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf Befragen nicht mehr uneingeschränkt zur Offenbarung seiner Schwerbehinderteneigenschaft, bzw. zur Auskunft darüber verpflichtet, ob er bei einer zuständigen Stelle einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt hat. Der nach einer Behinderung des Bewerbers fragende Arbeitgeber muss nun demzufolge damit zu rechnen, sich dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, die Ablehnung des schwerbehinderten Bewerbers sei wegen der Behinderung und nicht wegen mangelnder Qualifikation erfolgt.

Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber eine positive Maßnahme i. S. d. § 5 AGG anstrebt und den ausgeschriebenen Arbeitsplatz gerade mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen möchte[1]. Dessen sollte sich der Arbeitgeber bewusst sein, um seine Entscheidung unter diesem Aspekt zu treffen.

Will hingegen ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen. "Eingestreute" oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc., stellen keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners dar (BAG, Urteil v. 18.9.2014, 8 AZR 759/13[2] ).

[1] Joussen, NZA 2007, 174, 177 f.
[2] AP Nr. 20 zu § 15 AGG.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge