Rz. 70

Das Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Pausen erfasst sowohl die Lage der Pausen als auch deren Dauer. Mit Pausen waren bislang nur die unbezahlten Pausen gemeint, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit leisten noch sich zur Arbeit bereithalten muss (sog. Ruhepausen; BAG, Urteil v. 23.9.1992, 4 AZR 562/91[1]). Anderenfalls könnte der Betriebsrat mit dem Mitbestimmungsrecht in das arbeitsvertragliche Synallagma (Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis) eingreifen. Soweit es um bezahlte Pausen geht, handelt es sich um Arbeitszeit, sodass sich die Mitbestimmung nur auf die Lage der bezahlten Pause, nicht auf die Frage der Einführung bzw. der Dauer der Pause bezieht. Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss v. 1.7.2003, 1 ABR 20/02[2]) hat diesen Pausenbegriff mittlerweile erweitert. Zu den Pausen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zählen auch die vergütungspflichtigen tariflichen Kurzpausen; mitbestimmungspflichtig ist dann aber nur die Festlegung ihrer zeitlichen Lage. Keine Pausen im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG sind daher beispielsweise die tarifvertraglich vorgeschriebenen Unterbrechungen der Arbeit, während denen eine anderweitige Beschäftigung zulässig ist (BAG, Beschluss v. 6.12.1983, 1 ABR 43/81[3]; siehe auch BVerwG, Beschluss v. 8.1.2001, BVerwG 6 P 6.00). Den Betriebspartnern steht es auch nicht frei, in einer Betriebsvereinbarung Zeiten der Arbeitsunterbrechung in Pausenzeiten umzuwidmen, wenn dem gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen. Der rechtliche Charakter von (Arbeits)Zeiten steht nicht zur Disposition der Betriebspartner. Der rechtliche Begriff der Pause ist ihnen in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG vorgegeben. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 ArbZG und in seiner allgemeinen Bedeutung (BAG, Urteil v. 29.10.2002, 1 AZR 603/01[4]). Hierbei ist zu beachten, dass § 4 Satz 1 ArbZG die Mindestdauer gesetzlicher Ruhepausen regelt. Darüber hinausgehend kann der Arbeitgeber unter Berücksichtigung von § 106 GewO längere Ruhepausen anordnen (BAG, Urteil v. 16.12.2009, 5 AZR 157/09[5]). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst auch die Festlegung von unbezahlten Ruhepausen, die über die in § 4 Satz 1 ArbZG bestimmte Dauer hinausgehen (BAG, Urteil v. 25.2.2015, 1 AZR 642/13).

 
Praxis-Beispiel

Be- und Entladezeiten, während derer ein Kraftfahrer sein Fahrzeug und das Betriebsgelände zwar verlassen darf, einem Arbeitsaufruf aber umgehend nachzukommen hat, sind keine Ruhepausen. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist. Unverzichtbar ist, dass jedenfalls bei ihrem Beginn auch die Dauer der Pause bekannt sein muss. Eine Arbeitsunterbrechung, bei deren Beginn der Arbeitnehmer nicht weiß, wie lange sie dauern wird, ist keine Pause und kann auch durch eine Betriebsvereinbarung nicht zur Pause umdefiniert werden (BAG, Urteil v. 29.10.2002, 1 AZR 603/01[6]).

 

Rz. 71

Keine Ruhepausen sind die Erholzeiten beim Akkord, die allerdings der Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG unterliegen können.

[1] NZA 1993, 752.
[2] BAGE 107, 1.
[3] BAGE 44, 285.
[4] NZA 2003, 1212.
[5] BB 2010, 696.
[6] NZA 2003, 1212.

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