Rz. 18

Die Unterrichtung muss rechtzeitig erfolgen, d. h. so frühzeitig, dass die Angelegenheit noch mit dem Wirtschaftsausschuss beraten und der Betriebsrat unterrichtet werden kann. Der Betriebsrat muss seine Beteiligungsrechte noch wahrnehmen und die Willensbildung des Unternehmers beeinflussen können.[1] Hintergrund ist, dass Sinn und Zweck des § 106 BetrVG ist, dass der Wirtschaftsausschuss gleichgewichtig und gleichberechtigt mit dem Unternehmer über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens beraten können soll. Eine solche Beratung ist nur dann sinnvoll, wenn der Wirtschaftsausschuss Gelegenheit hat, auf die Planungen des Unternehmers Einfluss zu nehmen. Der Unternehmer muss daher vor geplanten unternehmerischen Entscheidungen und sonstigen Vorhaben den Wirtschaftsausschuss frühzeitig und umfassend informieren, sodass dieser – und der Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat – durch seine Stellungnahme und eigenen Vorschläge noch Einfluss auf die Gesamtplanung wie auch auf die einzelnen Vorhaben nehmen kann.

Verspätet ist die Unterrichtung, wenn über die jeweilige wirtschaftliche Angelegenheit Entscheidungen im zuständigen Unternehmensorgan (Vorstand, Geschäftsführung) bereits gefallen sind.[2]

 

Rz. 18a

Eine rechtzeitige Unterrichtung ist auch in Unternehmen sicherzustellen, die einem Konzern angehören. Werden in der Konzernspitze Maßnahmen geplant, die (auch) das Konzernunternehmen betreffen und die zu den nach § 106 unterrichtungspflichtigen Angelegenheiten gehören, hat das Konzernunternehmen, falls es nicht in die Planungen des Konzerns einbezogen und unwissend ist, die Pflicht, sich die erforderlichen Informationen bei der Konzernspitze zu beschaffen und sie dem bei ihm angesiedelten Wirtschaftsausschuss zur Verfügung zu stellen.[3] Hingegen lässt sich aus § 106 Abs. 2 BetrVG kein Anspruch ableiten, generell über die wirtschaftliche Lage eines das Unternehmen beherrschenden Rechtsträgers unterrichtet zu werden.[4]

 

Rz. 18b

In Fällen, in denen Spezialgesetze wie bspw. das UmwG und WPÜG die Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten vorsehen und den Unternehmen die Erfüllung dieser Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen auferlegen (vgl. §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3 UmwG), dürfte eine rechtzeitige Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses grundsätzlich nur zuvor möglich sein. Vor einer Unterrichtung des zuständigen Betriebsrats hat das Unternehmen die Angelegenheit mit dem Wirtschaftsausschuss zu beraten. Diesem ist ausreichend Zeit zu gewähren, dass er dem zuständigen Betriebsrat über die Beratung berichten kann.[5]

 

Rz. 19

Umfassend ist die Unterrichtung dann, wenn der Unternehmer dem Wirtschaftsausschuss alle Informationen weitergibt, über die er selbst verfügt (Informationsparität), der Wirtschaftsausschuss also alle Informationen erhält, die für eine sinnvolle Beratung der Angelegenheit erforderlich sind. Gegenstand der Unterrichtung sind die Maßnahme selbst, aber auch schon Vorüberlegungen zu Maßnahmen von gewisser Bedeutung, ihre Auswirkungen, aber auch ihre Gründe.[6] Zur umfassenden Information gehören ferner Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit[7] und sie muss der Wahrheit entsprechen.[8] Der Wirtschaftsausschuss muss aufgrund der Information zu einer sachgemäßen Beratung und zu eigenen Vorschlägen in der Lage sein.[9]

[2] Fitting, § 106 Rz. 33.
[3] LAG Hamburg, Beschluss v. 19.07.2018, 21 TaBV 33/18, NZA-RR 2018, 604.; Fitting, § 106 Rz. 31 a.
[5] Fitting, § 106 Rz. 31.
[6] Vgl. Richardi BetrVG/Annuß Rz. 25.
[8] GK-BetrVG/Oetker Rz. 121.
[9] Richardi/Annuß, § 106 Rz. 25, Fitting, § 106 Rz 34.

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