Rz. 34

Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, das Arbeitsverhältnis "ordnungsgemäß abzurechnen", wird dadurch nach dem BAG im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt. Die Anerkenntnis einer Zahlungspflicht ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.[1] Eine "Abrechnung" betrifft die tatsächlich bestehenden Ansprüche. Das Wort "ordnungsgemäß" soll die vorzunehmende Abrechnung näher beschreiben. Es zielt auf eine Berechnung anhand außerhalb des Vergleichs vorzufindender, von ihm unabhängig anzuwendender Rechtsnormen. Befand sich der Arbeitgeber im Abrechnungszeitraum mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, ist deshalb auch § 11 Nr. 1 KSchG heranzuziehen mit der Folge, dass sich der Arbeitnehmer dasjenige anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erworben hat. Etwas anderes gilt nur, wenn die Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG wirksam abbedungen worden ist. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber nach Klageerhebung erklärt, "er nehme die Kündigung zurück", der Arbeitnehmer seine Tätigkeit wieder aufnimmt und sich die Parteien darüber einig sind, das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortzusetzen. Insoweit ist § 11 KSchG analog anzuwenden.[2]

 
Hinweis

Im Rahmen eines zur Beilegung eines Kündigungsschutzprozesses geschlossenen Vergleichs bedarf es besonderer Anhaltspunkte um anzunehmen, die Parteien wollten bei der Berechnung offener Entgeltansprüche des Arbeitnehmers die Anrechnung eines Zwischenverdienstes nach § 11 Nr. 11 KSchG ausschließen.

Ein solcher Anhaltspunkt ist regelmäßig nicht allein darin zu erblicken, dass in einem gerichtlichen Vergleich oder in einer außergerichtlichen Vereinbarung das als "Basis" der Vergütungsberechnung zugrunde zu legende Bruttomonatsgehalt konkret beziffert wird, wenn gleichzeitig die Abrechnung "ordnungsgemäß" erfolgen soll.

Dies gilt auch dann, wenn der als Berechnungsgrundlage heranzuziehende Betrag die Höhe des arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttomonatsentgelts erheblich unterschreitet.[3]

[1] BAG, Urteil v. 27.5.2020, 5 AZR 101/19, NZA 2020, 1130, Rz. 16.
[2] ErfK/Kiel, § 11 KSchG Rz. 13.
[3] BAG, Urteil v. 27.5.2020, 5 AZR 101/19, NZA 2020, 1130, Rz. 19 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge