Rz. 791

Rationalisierungsmaßnahmen können zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führen und betriebsbedingte Kündigungen rechtfertigen. Als Rationalisierungsmaßnahmen kommen eine Vielzahl organisatorischer oder technischer Änderungen in Betracht. In der Praxis wird der Begriff der Rationalisierung jedoch häufig nur als Schlagwort genutzt und stellt im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens allein noch keinen hinreichenden Grund für ein fehlendes Beschäftigungsbedürfnis dar. Der Arbeitgeber muss vielmehr konkret die einzelnen Rationalisierungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf darlegen. Es bedarf somit einer konkreten Unternehmerentscheidung, die zu einem Arbeitskräfteüberhang führt.

 

Beispiele

Zu möglichen technischen Rationalisierungsmaßnahmen zählen die Einführung von Computern, neuer Software oder sonstige technische Neuerungen, die menschliche Arbeitskraft ersetzen können.

Zu Rationalisierungsmaßnahmen organisatorischer Art gehören die Optimierung von Arbeitsprozessen, die Streichung von Arbeitsaufgaben oder Arbeitsschichten sowie der Abbau von Hierarchieebenen.

 

Rz. 792

Die Entscheidung zur Rationalisierung kann wiederum veranlasst sein durch außerbetriebliche Umstände. So können der außerbetriebliche Wettbewerb, der Preisverfall der angebotenen Leistung oder ein Kostenanstieg bei Rohstoffen erfordern, dass der Arbeitgeber die personellen Produktionskosten reduziert oder die Ertragslage steigert. In diesen Fällen rechtfertigen aber nicht die äußeren Umstände die Kündigung, sondern nur die Reaktion des Arbeitgebers in Form der innerbetrieblichen Organisationsentscheidung, sprich die Rationalisierungsmaßnahme selbst. Diese muss zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen haben (vgl. Rz. 700 ff.).

 

Rz. 793

Einen Sonderfall der Rationalisierungsmaßnahme stellt die Leistungsverdichtung dar. Das unternehmerische Konzept des Arbeitgebers hat dann allein die Organisationsentscheidung zum Inhalt, dieselbe Arbeitsmenge zukünftig von weniger Arbeitnehmern effektiver erfüllen zu lassen. Dieser Entschluss ist eine freie Unternehmerentscheidung, die für die Gerichte grundsätzlich bindend ist und Kündigungen rechtfertigen kann (vgl. vertiefend Rz. 696 ff.).

 

Rz. 794

Auch sonstige unternehmerische Maßnahmen des Arbeitgebers, um den Betrieb rentabler zu gestalten, stellen eine Form der Rationalisierung dar. Der Arbeitgeber setzt sein Ziel, den Gewinn zu maximieren oder einen Gewinnverfall zu verhindern, durch Maßnahmen organisatorischer oder technischer Art um. Insoweit genügt die bloße Berufung auf die Rentabilitätsziele nicht zur Begründung einer Beendigungskündigung. Diese kann nur getragen sein von der umsetzenden Unternehmerentscheidung, die zu einem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führt.[1] Ob die vom Arbeitgeber angestrebten Vorteile in einem angemessenen Verhältnis zu den Kündigungsnachteilen stehen, ist vom Gericht nicht zu prüfen (vgl. Rz. 674).

[1] SPV/Preis, § 2 KSchG Rz. 980.

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