Rz. 55

Nach § 620 Abs. 3 BGB i. V. m. § 15 Abs. 1 und 2 TzBfG endet ein Arbeitsvertrag, der kalendermäßig befristet ist (z. B. für 6 Monate), mit Ablauf der vereinbarten Zeit; ein Arbeitsvertrag, der zweckbefristet ist (z. B. Einstellung zur Schwangerschaftsvertretung), endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch 2 Wochen, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Zeitpunkt der Zweckerreichung unterrichtet hat. Bei Weiterarbeit über das Ende des befristeten Vertrags hinaus entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, vgl. § 15 Abs. 5 TzBfG[1].

Eine ordentliche Kündigung ist während des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht möglich, es sei denn, das Verbot wurde im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag aufgehoben, vgl. § 15 Abs. 3 TzBfG. Ein Arbeitsverhältnis, das für die Lebenszeit einer Person oder für länger als 5 Jahre eingegangen ist, kann vom Arbeitnehmer nach Ablauf von 5 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden (vgl. § 15 Abs. 4 TzBfG).

Eine Regelung, die für die Kündigung von befristeten Arbeitsverträgen mit einer Laufzeit von mehr als 6 Monaten eine feste 2-wöchige Kündigungsfrist vorsieht, während bei unbefristeten Arbeitsverträgen die Dauer der Kündigungsfrist von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des betroffenen Arbeitnehmers abhängt und 2 Wochen bis 3 Monate betragen kann, steht im Widerspruch zur Richtlinie 1999/70/EG, sofern sich die beiden Kategorien von Arbeitnehmern in vergleichbaren Situationen befinden.[2]

 

Rz. 56

Die Befristung ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

Schließen die Parteien zum ersten Mal einen Arbeitsvertrag, können sie den Vertrag ohne sachlichen Grund bis auf 2 Jahre befristen.

Die sachgrundlose Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber "bereits zuvor" ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das dient dem Schutz vor der Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung einer strukturellen Unterlegenheit und der Sicherung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelfall. Wenn dieser Schutz nicht notwendig ist, ist das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar und der Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch verfassungskonforme Auslegung einzuschränken.[3] Das kann der Fall sein, wenn die Vorbeschäftigung

  • sehr lang zurückliegt,
  • ganz anders geartet war oder
  • von sehr kurzer Dauer gewesen ist (etwa bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden oder bei einer Unterbrechung der Erwerbsbiografie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht).
 

Beispiele

Nicht "von sehr kurzer Dauer" ist ein früheres Arbeitsverhältnis von 2 Jahren (Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung[4]) oder eine Vorbeschäftigung von mehr als 6 Monaten (Wartezeit des § 1 KSchG[5]).

"Von sehr kurzer Dauer" ist ein Arbeitsverhältnis von höchstens 3 Monaten, weil ein solches auch in anderen Fällen einen schwächeren Bestandsschutz genießt, vgl. § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB[6] oder § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV[7].

Die Wertung des LAG, bei einem vor ca. 13 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis für die Dauer von 8 Wochen handele es sich um eine Vorbeschäftigung von sehr kurzer Dauer, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.[8]

Eine sachgrundlose Befristung unter 2 Jahren kann bis zu 3-mal verlängert werden, bis die Gesamtdauer von 2 Jahren erreicht ist, vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Eine Verlängerung muss vor Ablauf der Befristung vereinbart werden. Dabei dürfen die Parteien grds. nur die Vertragsdauer ändern, nicht die übrigen Arbeitsbedingungen. Andernfalls handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, dessen Befristung wegen des zuvor bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist. Dementsprechend liegt eine Verlängerung nicht vor, wenn die Parteien im Folgevertrag von dem im Ausgangsvertrag enthaltenen Kündigungsrecht nach § 15 Abs. 3 TzBfG absehen.[9] Die Änderung des Vertragsinhalts anlässlich einer Verlängerung ist ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Verlängerung einen Anspruch auf die Vertragsänderung hatte.[10]

Soll die Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Vertrages verkürzt werden, ist ein Sachgrund erforderlich, denn es bestand schon ein (befristetes) Arbeitsverhältnis.[11]

 

Rz. 57

Das TzBfG sieht für 2 Fälle Erleichterungen vor, nämlich zum einen für neu gegründete Unternehmen nach § 14 Abs. 2a TzBfG, die in den ersten 4 Jahren ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund bis zu 4 Jahre befristen und in dieser Zeit beliebig oft verlängern können, und zum anderen nach § 14 Abs. 3 TzBfG für Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr. Ihre Verträge dürfen ohne Sachgrund bis zu 5 Jahre befristet und in dieser Zeit beliebig oft verlängert werden, sofern sie unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate beschäftigungslos i. S. d. § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III waren, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge