Rz. 43

In der Literatur ist umstritten, inwieweit der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach einer Kündigung bereits im Voraus im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden kann. Höchstrichterlich ist diese Frage noch nicht entschieden. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Dieser sog. allgemeine Beschäftigungsanspruch hat seine Grundlage im Arbeitsvertrag. Er ist aus den §§ 611, 613, 242 BGB herzuleiten und besteht bis zum Ende der Kündigungsfrist. Bei der Angemessenheitskontrolle von Freistellungsklauseln nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB muss deshalb der allgemeine Beschäftigungsanspruch als Leitbild berücksichtigt werden. Eine einschränkungslose Freistellungsklausel werden die Gerichte möglicherweise nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam erklären, da insoweit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Vielmehr sind die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sodass ein sachlicher Grund für eine Freistellung gegeben sein muss. Ein sachlicher Grund ist regelmäßig gegeben, wenn der Mitarbeiter einen groben Vertragsverstoß begeht.[1] Nach Ansicht des LAG Hamm kann der Beschäftigungsanspruch für den Zeitraum nach Ausspruch der Kündigung bereits durch ein im Arbeitsvertrag vereinbartes Recht des Arbeitgebers zur Freistellung des Arbeitnehmers ausgeschlossen werden, wenn die Ausübung des Freistellungsrechts billigem Ermessen i. S. d. § 315 Abs. 3 BGB entspricht.[2] Dies ergibt sich auch aus einer Entscheidung des LAG Hamburg, das eine Freistellungsklausel ohne weitere Vorbedingung für unwirksam erklärt.[3]

 
Praxis-Beispiel

Im Falle einer Kündigung, unabhängig davon, von wem sie ausgesprochen wurde, ist der Arbeitgeber bei Vorliegen sachlicher Gründe, insbesondere bei einem groben Vertragsverstoß, der die Vertrauensgrundlage beeinträchtigt, berechtigt, den Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung widerruflich oder unwiderruflich freizustellen. Eine unwiderrufliche Freistellung gilt als unter Verrechnung mit offenem Resturlaub ausgesprochen. Anderweitige während der Freistellung erzielte Vergütung ist entsprechend § 615 Satz 2 BGB anzurechnen. Das gesetzliche Wettbewerbsverbot bleibt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung bestehen.

[3] LAG Hamburg, Urteil v. 24.7.13, 5 SaGa 1/13.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge