Normenkette

BGB §§ 134, 138, 181, 2100, 2197

 

Verfahrensgang

LG Gera (Entscheidung vom 27.06.2007; Aktenzeichen 3 O 1189/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 27.06.2007 abgeändert und festgestellt, dass die im notariellen Testament des G.E. vom 09.06.2004 des Notars B.H.,-Nummer ... der Urkundenrolle ..., durch das Amtsgericht L. am 21.03.2005 zum Az. 2 VI 26/2005 eröffnet, angeordnete Testamentsvollstreckung und die Ernennung des Beklagten zum Testamentsvollstrecker unwirksam ist.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf den Tatbestand des mit der Berufung angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 27.06.2007 hat das Erstgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung führte das Erstgericht aus, dass es der Feststellungsklage nicht bereits an einem Feststellungsinteresse fehle. Zwar handele es sich bei der Testamentsvollstreckung nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten. Es könne aber auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein, falls dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien füreinander von Bedeutung sei und der Kläger ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Klärung habe. Da die Frage der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Anordnung der Testamentsvollstreckung vorgreiflich sei für die Anordnung und Durchführung der Zwangsverwaltung, sei hier ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt des Justizgewährungsanspruches und des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 GG zu bejahen. Das Vollstreckungsgericht habe nämlich zu prüfen gehabt und habe auch nur darüber entscheiden können, ob Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Es habe keine Möglichkeit gehabt zu überprüfen, ob die Anordnung der Testamentsvollstreckung unter materiell rechtlichen Gesichtspunkten im Testament überhaupt wirksam gewesen sei oder nicht.

Die Klage sei aber unbegründet.

Im Vordergrund habe dabei die Überlegung zu stehen, dass die Testierfreiheit des späteren Erblassers grundgesetzlich garantiert und geschützt sei im Rahmen der Erbschaftsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Derjenige, der seinen letzten Willen verfüge, habe es in der Hand, wie er über seinen späteren Nachlass verfüge. Grenzen findet die Testierfreiheit lediglich in den gesetzlichen Bestimmungen zum Pflichtteilsrecht und in den §§ 134 und 138 BGB.

Die Einsetzung des Beklagten als alleinigen befreiten Vorerben und Testamentsvollstrecker sei somit nicht zu beanstanden. Sie führe zu keiner sinnlosen bzw. nicht nachvollziehbaren Verdoppelung von Rechten von Vorerben und Testamentsvollstrecker. Zwar wurde in der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichtes die Ansicht vertreten, dass die Ernennung des alleinigen Vorerben zum Testamentsvollstrecker immer unwirksam sei, da hier eine sinnlose Verdoppelung der Rechte von Vorerbe und Testamentsvollstrecker vorliegen würde. Dies sei jedoch eine formale Auffassung, die nur dann zutreffen könne, wenn sie eine inhaltliche Berechtigung habe und mit den Bestimmungen des BGB nicht in Einklang stehen würde. Das BGB verbiete jedoch die Ernennung eines Miterben zum Testamentsvollstrecker nicht. Auch die Befreiung des Testamentsvollstrecker vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sei zulässig.

Die letztwillige Verfügung des Erblassers, die notariell beurkundet sei, erscheine aus seiner Sicht, auf welche es letztendlich ankomme, nachvollziehbar. Er habe damit erkennbar das Ziel verfolgt, das Eigentum am Wohnhaus G.S. in Sch. als Ganzes an seinen Sohn, den Beklagten zunächst weiterzugeben und nach dessen Tod an dessen noch lebende Söhne, ohne dass die Söhne mit etwaigen Schulden des Vaters bzw. Beklagten belastet werden sollten. Von einer Sittenwidrigkeit der Anordnung der Testamentsvollstreckung könne daher nicht ausgegangen werden, da ein schützenswertes Interesse des Erblassers an deren Anordnung vorgelegen habe.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin form- und fristgerecht Berufung ein.

Zur Begründung führte sie aus, dass das Erstgericht rechtsirrig davon ausgegangen sei, dass die Einsetzung des Beklagten als alleinigen befreiten Vorerben und Testamentsvollstrecker nicht zu einer sinnlosen Verdoppelung von Rechten geführt habe. Das Erstgericht habe hierbei die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht hinreichend berücksichtigt. So habe das Erstgericht zwar die Entscheidung des Reichsgerichtes vom 26.10.1911 (RGZ 77, 177), wonach die Ernennung des alleinigen Vorerben zum Testamentsvollstrecker immer unwirksam sei, angeführt, gleichwohl aber dadurch, dass es diese Rechtsprechung als frühere Rechtsprechung benannt h...

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