Normenkette

BGB § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 2 S. 1, § 356 Abs. 2 Nr. 2, § 652 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Oktober 2017 verkündete Urteil der

11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg, Geschäftsnummer 11 O 357/17, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.282 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Die Berufung ist zulässig.

Die Beklagten haben mit ihrer Berufung erkennbar geltend gemacht, dass die landgerichtliche Entscheidung auf einer Rechtverletzung beruht (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Sie haben mit der Berufung dargetan, das Landgericht habe die Beweislast für den Zugang der Widerrufsbelehrung verkannt und zu Unrecht angenommen, der Beklagtenvortrag zum fehlenden Zugang der Widerrufsbelehrung sei nicht hinreichend substantiiert. Dieses Vorbringen genügt den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

2. Die Berufung ist auch begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Maklerprovisionsanspruch weder aus § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage zu, denn die Beklagten haben den mit der Klägerin zustande gekommenen Maklervertrag mit Schreiben vom 10. März 2017 fristgerecht widerrufen und sind daher an ihre auf den Abschluss des Maklervertrages gerichteten Willenserklärungen gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr gebunden.

a) Die Beklagten haben den Widerruf erklärt.

Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB muss aus der Erklärung der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Diesen Anforderungen genügt die Erklärung der Beklagten vom 10. März 2017, in der sie der Klägerin mitgeteilt haben, die "Provisionsvereinbarung vom 29. April 2016" zu widerrufen.

b) Wie das Landgericht bereits zutreffend entschieden hat, stand den Beklagten als Verbrauchern ein Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu. Bei dem über das Internet angebahnten Maklervertrag handelte es sich unstreitig um einen Fernabsatzvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 - Az.: I ZR 198/15, Rn. 35, zitiert nach juris).

c) Der Widerruf war auch nicht verspätet.

Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB vierzehn Tage und beginnt gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei Fernabsatzverträgen grundsätzlich bereits mit Vertragsschluss. Sie beginnt aber gemäß § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet hat. Seine Informationspflichten kann der Unternehmer dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform an den Verbraucher übermittelt.

Diesen Anforderungen genügt die am Ende der E-Mail der S. GmbH an die Beklagte zu 1) vom 19. April 2016 (Anlage K 12) enthaltene Widerrufserklärung nicht, denn es lässt sich der E-Mail nicht entnehmen, dass sich die Widerrufsbelehrung auf den noch zu schließenden Maklervertrag mit der Klägerin bezieht. Außerdem ist nicht erkennbar, dass die Widerrufsbelehrung von der Klägerin selbst oder zumindest von einem von ihr beauftragten Vertreter stammt. Auf den streitigen Zugang der E-Mail bei der Beklagten zu 1) kommt es daher nicht an.

aa) Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, dass sich der Widerrufsbelehrung nicht hinreichend deutlich entnehmen lässt, dass sie sich auf den Maklervertrag bezieht, Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB.

Zwar entspricht der Text der Widerrufsbelehrung der Anlage 1) zu § Art. 246a § 1 Abs. 2 Ziffer 1 EGBGB. Allerdings wird weder in der Widerrufsbelehrung selbst noch in der Einleitung dazu ausdrücklich auf einen Maklervertrag Bezug genommen. Die Belehrung erfolgt nur bezüglich eines "Vertrages". Auch die Einleitung zur Widerrufsbelehrung enthält lediglich den Satz: "Im Falle eines zustande kommenden Vertrages haben Verbraucher das folgende Widerrufsrecht".

Ob es sich bei diesem "Vertrag" um den Maklervertrag mit der Klägerin, den Kaufvertrag mit dem Anbieter oder einen Vermittlungsvertrag mit der S. GmbH handelt, bleibt offen. Der einzige Hinweis auf einen Bezug der Widerrufsbelehrung zu einem noch zu schließenden Maklervertrag mit der Klägerin ergibt sich indirekt daraus, dass die Klägerin im Text der Widerrufsbelehrung - unscheinbar, kleingedruckt und in einem Klammerzusatz - als Empfängerin der Widerrufserklärung genannt ist. Für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, der als Maßstab für die Auslegung heranzuziehen ist (BGH, Urteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15, zitiert nach juris, Rn. 15, m.w.N.), ist damit aber nicht hinreichend tran...

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